Irgendwie gruselig aber ansprechend!

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lesekrabbe Avatar

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Hallo!
Das Buchcover gefällt mir persönlich sehr gut, da ich Spinnen mag. :-)
Natürlich wirkt es etwas gruselig... aber ansprechend. Der Titel ist gut gewählt und ich denke sogar, es sind mehr als 99 Obsessionen, die in der Geschichte der Welt auftauchen. Die Autorin Kate Summerscale erklärt in einer schon packenden Einführung, was Manien und Phobien genau sind, geht auf historische und gesellschaftliche Kontexte ein sowie auf die Verbreitung von Manien und Phobien bei Mann und Frau. Sie geht darauf ein, welcher Unterschied zwischen einer Manie (etwas tun müssen) und einer Phobie (etwas vermeiden wollen) besteht und listet hier auch einige „moderne Ängste“ auf, wie z.B. die Angst, ohne Handy zu sein, wodurch es ihr gelingt, eine Brücke in die Gegenwart zu schlagen, man fühlt sich, ob man möchte oder nicht, angesprochen. Wer kennt diese Angst nicht? Der humorvolle Aspekt kommt nicht zu kurz und dennoch wird das Thema mit Ernsthaftigkeit behandelt, so dass man vieles erfährt, was man zuvor nicht wusste. Behandelt werden derartige „Störungen“ in der Regel mit einer kognitiven Verhaltenstherapie. Psychologisch betrachtet hat alles seinen Platz und Sinn, also auch Manien und Phobien. Erst, wenn man konkret weiß, worum es bei diesen Eigenheiten geht, kann man sie vielleicht besser verstehen.
Hier leistet die Autorin mit ihrem Buch sicherlich einen wertvollen Beitrag, der dabei hilft, Vorurteile abzubauen und tiefer in die Materie einzudringen.
Es hat mich fasziniert und geschockt, zu erfahren, dass z.B. Schmutz und Schweiß im Frankreich des 19. Jahrunderts als Zeichen für Gesundheit und sexuelle Potenz galten.
Auch habe ich mich gefragt, ob Phobien und Manien wirklich so „irrational“ sind oder vielleicht sogar vom gesellschaftlichen/politischen „System“ teilweise hervorgerufen, durch bestimmte Maßnahmen (Auflagen, Gesetze, Regulierungen, etc.), natürlich auch durch Erziehung, Anlage (Vererbung) und das Einwirken diverser Umwelteinflüsse. Hier gilt es, noch vieles zu erforschen, um klarer zu sehen. Das Buch macht einen sehr neugierig und man möchte seine Wissenlücken gerne schließen oder zumindest auffüllen, da man eigentlich viel zu wenig über Phobien und Manien weiß.