Schwarzer Walzer

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Der junge Untersuchungsrichter, Leopold von Herzfeldt, kommt im Herbst des Jahres 1893 nach Wien, um hier als Inspektor beim Wiener Sicherheitsbüro die Mordermittlungen mithilfe der neuen Methoden, die er in Graz bei Professor Gross - dem Begründer der Kriminalistik - gelernt hat, zu modernisieren.
Schnell eckt er bei den altgedienten Kollegen an, was nicht nur in seinem als arrogant erscheinenden Auftreten sondern auch seinem deutschen Zungenschlag ("a Piefke") und seiner jüdischen Herkunft begründet ist.

Den wesentlichen Inhalt des Buches bildet eine Reihe von abartigen Dienstmädchenmorden.
Die Verbindung ins Rotlichtmilieu führt den Inspektor (wie auch den Leser) zunächst auf eine völlig falsche Spur, bevor in einem furiosen Finale der wahre Täter ermittelt und dingfest gemacht werden kann.

Geschickt verwebt der Autor das Leben der Begüterten und Berühmten dieser Zeit – wie z.B. des Walzerkönigs J. Strauß – mit den elenden Lebensbedingungen der am untersten sozialen Ende stehenden Bevölkerung Wiens zur Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts und lässt diese vor dem inneren Auge des Lesers lebendig werden.

Neben der Figur des Inspektors von Herzfeldt hat der Autor auch noch eine Reihe anderer spannender Figuren in die Geschichte eingepasst, wie z.B den schrulligen Totengräber Augustin Rothmayer, die Telefonistin Julia Wolf, die um überleben zu können, in der Nacht in einem zwielichtigen Lokal tanzt und singt, den Judenhasser und Kollegen von Inspektor Herzfeldt, Oberinspektor Leinkirchner, die neugierige Zimmerwirtin ... und auch diese sogenannten Nebenrollen sind so detailliert und liebevoll beschrieben, dass man beim Lesen alles vor sich zu sehen vermeint.

Das Buch ist sehr spannend und dicht geschrieben, für mich war das nach langer Zeit wieder ein Buch, das ich beinahe auf einmal ausgelesen habe.
Das wienerische Flair dieses Buches, die unzähligen im Wiener Dialekt vorkommenden Dialoge, die Atmosphäre der beschriebenen Orte – wie z.B. des Praters, der Ringstraße mit ihren Palais oder des Zentralfriedhofs – ist (und das kann ich als Wienerin sagen) meisterlich eingefangen. Daher war ich sehr erstaunt zu lesen, dass der Autor gar nicht aus Wien sondern aus München kommt.
Wunderbar fand ich auch die Idee, in den Umschlag einen Stadtplan von Wien im Jahr 1893 zu integrieren, so kann man auch hier die Wege der Geschichte nachverfolgen.
Anregen würde ich allerdings ein Glossar für die diversen Wiener Ausdrücke, da ich nicht sicher bin, ob diese einem Leser, der mit dem Wienerischen nicht vertraut ist, auch alle verständlich sind.

Fazit: ein historischer Krimi, den ich jedem empfehlen würde, der
1. Wien mag
2. bei einem guten und spannenden Buch wieder einmal abschalten und entspannen möchte