Ein Buch mit Fantasie

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
leselampe Avatar

Von

Das wunderschön gestaltete Cover, der feministisch zu deutende Titel und der verheißungsvolle Untertitel haben mich für "Das Buch Eva" begeistert. Ein schwarzer Hintergund, feine botanische Zeichnungen, goldene Verzierungen, unbekannte Schriftzeichen - diese Umschlag-Elemente sind sehr passend auf den Inhalt abgestimmt. Der gewählte Schauplatz, ein Nonnenkloster im Italien der Renaissance, ist perfekt, um in einen Mikrokosmos mit ganz eigenem Rhythmus, ritualisierten Tagesabläufen und Hierarchien einzutauchen. Hier begegnen uns - neben einigen weltlichen Gästen - vor allem Nonnen und Novizinnen, die ihren jeweils festgelegten Aufgaben in der Gemeinschaft nachgehen. Angeführt werden sie von Mutter Chiara, einer starken und furchtlosen Persönlichkeit. Einzelgängerin Beatrice, zuständig für die Bibliothek mit ihren wertvollen Manuskripten, wird durch das mysteriöse Buch Eva zum Dreh- und Angelpunkt der Geschichte: Das Buch entwickelt zunehmend ein Eigenleben, wird von machtgierigen Kirchenmännern, allen voran Bruder Abramo, begehrt. Die Männer schrecken vor Gewalt gegen Frauen nicht zurück, verbreiten Angst und Schrecken im Kloster und darüber hinaus...

Während die Geschichte zunächst langsam beginnt und uns mit dem zurückgezogenen Klosterleben bekannt macht, gewinnt die Handlung mehr und mehr an Dynamik, bekommen Fantasy-Elemente immer größeres Gewicht, je stärker die Gefahr für die eigenständigen Frauen heraufzieht.

Meg Clothiers Schreibstil unterstützt die Handlungsdynamik: Beatrice als Ich-Erzählerin schafft spürbare Nähe zum Geschehen, zu ihrer Freude, ihrem Mut, ihrer Angst und Verzweiflung; das Präsens als durchgängiges Tempus gefällt mir, lässt es mich doch als Leserin stark an der Geschichte teilnehmen und mit zunehmendem Tempo fast Atemlosigkeit empfinden - zumindest hatte ich bei den letzten einhundert Seiten den Eindruck, immer schneller zu lesen, und konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Die Autorin hat sich zu ihrem historischen Roman vom realen Voynich-Manuskript aus dem 15. Jahrhundert inspirieren lassen, einem Text, der bis heute nicht entschlüsselt ist. Schaut man sich bei Wikipedia eine Textprobe zu diesem Manuskript an, so fällt ein bestimmtes Zeichen auf, das hier im Buch jeweils die Kapitelanfänge ziert.