Sicheres Gespür für Erählenswertes

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kainundabel Avatar

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Robert Seethaler hat stets ein sicheres Gespür für die Protagonisten seiner Romane, sei es der titelgebende Trafikant, der Seilbahnarbeiter Andreas Egger in „Ein ganzes Leben“, der Komponist Gustav Mahler in „Der letzte Satz“ bis zu Robert Simon in „Das Café ohne Namen“. Mit ihm hat er eine Figur gefunden, die sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser hält und jetzt – wie mir scheint – unbedarft, aber voller Tatendrang auf ein für ihn völlig fremdes Terrain strebt. Seethaler findet auch hier wieder die richtigen Worte, beschreibt treffsicher die Atmosphäre im Wien der Sechzigerjahre und auf ungeschönte, aber immer empathische Weise seine Charaktere. Schon auf diesen ersten Seiten riecht man förmlich den Geruch von Vergänglichkeit und Hoffnung auf Neubeginn. Ich bin sehr gespannt auf die Gäste von Simons Café in einem der ärmsten und schmutzigsten Viertel Wiens und ihre sicher nicht alltäglichen Biografien.
Das gelungene Umschlagmotiv entspricht guter Tradition Seethaler‘scher Romane: nur eine Person, wenige bis keine Utensilien, alles in Schwarzweiß gehalten.