Besuch im Café

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throughmistymarches Avatar

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Endlich ein neuer Seethaler! Ich durfte ihn vorab lesen & ab heute ist er erhältlich (wobei ich ihn auch schon am Montag in einer Buchhandlung entdeckt habe).
Seethaler nimmt uns mit nach Wien, los geht's im Jahr 1966 als der junge Robert Simon, Hilfsarbeiter auf einem Markt in einem eher ärmlichen Teil der Stadt, sich seinen Traum erfüllt: er eröffnet ein Café.
Einfach eingerichtet, ein überschaubares Angebot an Speisen und Getränken und ohne Namen wird das Café schnell zu Simons Lebensmittelpunkt. Die Menschen nehmen das Angebot an; bald stellt er eine Mitarbeiterin ein. Stammgäste und Laufkundschaft verbringen ihre Zeit in Simons Café. Die Jahre gehen ins Land und die einzelnen Biografien entwickeln sich - manchmal gemeinsam, manchmal öffentlich, manchmal ganz im Verborgenen.
Seethaler hat diese ganz besondere Gabe, Lebensläufe der Menschen literarisch darzustellen - ohne großartigen Spannungsbogen, ohne überraschende Wendungen, ohne viel drum rum zu reden.
Wie das Café des Protagonisten Robert einfach und überschaubar ist, so ist es auch die Sprache des Autoren Robert, genauso auch die Handlung. Dennoch ist da wie immer eine wunderbare Tiefe, eine Bedeutung, die er diesen scheinbar simplen Lebensläufen schenkt. Genauso wie auch das Café für die Menschen, die darin ein und ausgehen, eine Bedeutung hat.
Diese Unaufgeregtheit von Seethalers Romanen hat auf mich immer eine sehr entschleunigende, beruhigende Wirkung – dennoch schaffe ich es nicht, mir Zeit mit seinen Geschichten zu lassen. So musste ich auch „Das Café ohne Namen“ unbedingt ganz schnell (an 2 Abenden) fertiglesen, um irgendwie für kurze (Lese-) Zeit teilzuhaben an den Leben der Figuren.
Auch wenn meine absoluten Seethaler-Lieblinge (Der Trafikant und Ein ganzes Leben) wohl für immer unerreicht bleiben ist auch der neue Roman wie immer eine absolute Empfehlung!