Glückssucher auf der Schattenseite

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aischa Avatar

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Der Plot von Robert Seethalers jüngstem Roman ist schnell erzählt: Der junge Gelegenheitsarbeiter Simon greift zu, als sich ihm die Chance bietet, ein Café unweit des Wiener Karmelitermarkts zu eröffnen. Schnell wird es zum beliebten Treffpunkt der sogenannten kleinen Leute, darunter Arbeiter, Trinker, verkrachte Existenzen und verlorene Seelen.

"Simon dachte an seine Gäste. Es war merkwürdig, wie wenig er von ihnen wusste und wie gut er sie doch kannte." Ein derartiges Gefühl begleitete auch mich während der Lektüre. Seethaler lässt eine Vielzahl an Figuren auftreten, man erfährt als Leserin oft nur Eckdaten ihres Lebens, und doch meint man, sie zu kennen. Dabei widersteht er der Versuchung, die Charaktere zu überzeichnen, es bleibt bei gelungenen Persönlichkeitsskizzen, die im Gedächtnis bleiben. Nur schade, dass (aufgrund der schieren Anzahl der Personen?) kaum Entwicklungen erkennbar sind, und auch gesellschaftspolitische Einordnungen sind nur angedeutet, der Fokus liegt eher auf Momentaufnahmen.

Die Geschichte wird durch den ungemein liebevollen, bisweilen sogar zärtlichen Blick des Autors auf seine Figuren getragen; hier schreibt einer, der die Menschen liebt, mit all ihren Fehlern und Unzulänglichkeiten.