Chancen vertan...

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
heinoko Avatar

Von


Dystopien sind per definitionem Geschichten, die auf bedenkliche gesellschaftliche Entwicklungen in der Gegenwart aufmerksam machen und vor deren Folgen warnen sollen. So wäre der eigentlich diesem Buch zugrunde liegende Plot die ideale Grundlage für eine aufrüttelnde Dystopie.

Durch eine exzessiv vorangetriebene Energiewende ohne vernünftige Ausgleichswirtschaft wurde die Gesellschaft gespalten. Als die Stromversorgung komplett zusammenbricht, herrschen unter den Menschen apokalyptische Zustände. Anstand und Moral sind verschwunden, Gewalt in jeglicher Form bestimmt das Leben der Übriggebliebenen. In einer von einem wahnsinnigen Despoten geschaffenen Festung herrscht zwar Sicherheit vor Übergriffen von außen, innerhalb der Mauern bestimmen allerdings strengste Regeln und Ausbeutung das Leben. Lara und Thomas, beide jung und einander zugetan, sind auf der Flucht. Überall lauern Gefahren, und sie erleben tatsächlich Schreckliches.

Was hätte man alles aus diesem Thema machen können. Doch leider, leider wurden alle Chancen vertan. Das große Thema der Energiewende geht völlig unter, wird nur mit wenigen Sätzen zu Buchbeginn erwähnt, dient also lediglich als „Aufhänger“ für die nachfolgende völlig abstruse Geschichte. Zwar wird sie in einigen Sequenzen durchaus spannend erzählt, aber leider darf man weder mit Wissen noch mit Logik die Geschichte erfassen wollen. Auch schaut die allwissende Autorin zuviel in die Köpfe der Protagonisten hinein und berichtet langatmig davon, statt dieses Wissen in Handlung zu „übersetzen“ und damit den Leser zu „packen“. Am schlimmsten war für mich die Ausgestaltung der beiden Hauptpersonen zu lesen. Hier gab es im gesamten Buch für den Lesenden weder die Möglichkeit der Identifikation noch eine ehrliche Chance, aufgezeigtes Verhalten in irgendeiner ernsthaften Form nachzuempfinden. Sowohl Lara als auch Thomas weisen ein solches Durcheinander an Persönlichkeitsstrukturen auf, das fast schon schizophren zu nennen ist. Die Berücksichtigung von wenigstens einfachstem psychologischem Grundwissen hätte den Protagonisten und damit der Geschichte gut getan. Schade.