geht so

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Das Cover des Romans ist auffallend gestaltet und passt gut zur Geschichte. Die Geschichte selbst ist schnell erzählt: Zwei junge Leute, Lara und Thomas, die ineinander verliebt sind, fliehen, um ihr Leben vor marodierenden Banden zu retten. Diese bedrohen Leib und Leben, seitdem die Zivilisation zusammengebrochen ist. Ihr Ziel ist eine Festung als vermeintlich sichere Zuflucht. Auf dieser Festung lebt nicht nur Thomas restliche Familie, auf ihr herrscht auch Thomas' Großvater, dem aber die Macht, die er nun als „Burgherr“ besitzt, schlecht bekommen ist. Er ist zu einem Despoten geworden. Davon wird Thomas aber erst später erfahren. Auf dem Weg dorthin stranden Lara und Thomas in einem Dorf. Hier haben sich Menschen auf der Suche nach Schutz zusammengeschlossen. Dort finden die beiden nicht nur Schutz und treffen auf Thomas‘ Vater, sondern sie finden auch zueinander. Die Dorfgemeinschaft wird schließlich von Soldaten dieser Festung angegriffen. Es sind ausgerechnet Thomas und Lara, die sich in dieser ausweglosen Situation als Helden hervortun. Zwar geht das Dorf siegreich aus der Schlacht hervor, aber nur durch einen Gegenschlag hoffen sie, das Überleben der Dorfgemeinschaft auch im kommenden Winter sichern zu können. Also machen sich einige der Dorfgemeinschaft - unter ihnen Lara und Thomas - auf zur Festung. Ihr Ziel ist es, den grausamen Großvater von Thomas zu stürzen und die Festung zu erobern. Mit diesem Cliffhanger endet der erste Teil der angekündigten Trilogie.

Die Geschichte liest sich wie ein historischer Abenteuerroman. An vielen Stellen fällt es schwer, ihn sich als eine Geschichte zu denken, die in der Gegenwart oder Zukunft spielen soll. Darüber täuschen auch der Strom und die Technik nicht hinweg, die ab und zu eingestreut werden. Auch der Sprachduktus einiger Figuren mutet an einigen Stellen etwas altertümlich an und erinnert zu stark an Figuren in historischen Romanen.
Zwar ist die Idee hinter der Geschichte interessant und befasst sich mit existenziellen Fragen: Wie werden Menschen, wenn es ums nackte Überleben geht? Oder wenn sie sich an der eigenen Macht berauschen? Wie lebt es sich ohne Strom? Was braucht man tatsächlich zum Überleben? Um all das geht es auch in der Geschichte. Als Leserin hätte ich mir nur mehr Tiefgang gewünscht.

Sprachlich ist der Roman eher enttäuschend. Die Figuren sind sprachlich zu wenig voneinander abgegrenzt. Junge Leute sprechen nun mal anders anders als ältere. Das sollte auch in den Dialogen deutlich werden. Außerdem beschreibt die Autorin teils mit ungeschickten Vergleichen die Gefühle ihrer Protagonisten: Zum Beispiel über Laras Gedanken: "Dort saßen sie nun und saugten wie Zecken an ihrem Gemüt" oder über Laras Gefühle "Angst breitete sich wie ein giftiger Parasit aus". Der "giftige Parasit" findet sich am Ende dann leider noch einmal in einem anderen Zusammenhang. Solche Formulierungen sollte beim Lektorieren eigentlich auffallen und herausgestrichen werden...
Überhaupt die Gefühle: Die werden viel zu oft mit viel zu vielen Worten beschrieben. Das regt nicht gerade die Fantasie an. An einigen Stellen wäre es besser, wenn die Figuren in minimalistischen Dialogen selbst ihre Gefühle zum Ausdruck bringen würden. Dann wäre vielleicht auch eine Identifikation mit der einen oder anderen Figur möglich.

Auf eines ist im Roman allerdings Verlass: Die Guten und die Bösen sind eindeutig voneinander zu unterscheiden, die Guten siegen über die Bösen und die Liebenden finden zueinander. Sicher ist auch, dass die Helden immer gutaussehend, stark, intelligent und selbstbewusst sind, gelegentlich schon mal Opfer ihrer Emotionen, aber das legt sich dann auch bald wieder. Nichts für anspruchsvolle und kritische Leserinnen und Leser.
Trotzdem ist die Geschichte spannend, sodass man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht.

Wer Spannung und leichte Unterhaltung sucht, aber über gelegentliche sprachliche Entgleisungen hinwegsehen kann, wem Aktion wichtiger als Tiefgang ist, für den ist "Das Dorf" genau das Richtige.