Beklemmende Dystopie

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majca_ Avatar

Von

„Ich würde ihm nie etwas antun!"
„Genau dafür müssen wir sorgen. Und genau deshalb werden Sie einbehalten, Ms. Hussein."

4.5 ★
The Dream Hotel entwirft eine dystopische nahe Zukunft, die unangenehm glaubwürdig scheint. Eine Gesellschaft, die durch permanente Datenauswertung, prädiktiven Algorithmen und KI gesteuert wird ist so beklemmend, weil sie reale Entwicklungen weiterdenkt statt in Spekulationen abzudriften. Das Grundkonzept ist ausgesprochen überzeugend, und der politische Blick bleibt scharf ohne in Melodramatik zu verfallen. Die Autorin behandelt die Themen mit ruhigem, reflektiertem Ton und lässt die Implikationen für sich sprechen.

Die Leseerfahrung selbst kam für mich allerdings nicht ganz an die Stärke der Idee heran. Das Erzähltempo ist langsam, mit widerholenden Passagen des Alltags und Traumsequenzen, die für mich nicht durchgehend narrativen Mehrwert hatten. Erst im späteren Verlauf nahm die Handlung etwas an Fahrt auf. Die Nebenfiguren bleiben distanziert und größtenteils austauschbar und manche Themen wurden sprachlich etwas ungelenk eingeworfen.
Das Ende ist thematisch gut gelungen. [Spoiler] Es gibt keinen triumphalen Systemsturz, sondern einen Sieg der der Zentrumsleitung genauso dienlich ist wie der Protagonistin. Das unterstreicht den Zentralen Punkt von der Machtlosigkeit des Individuums noch mal gut. [Spoiler Ende]

Es ist ein durchdachtes, glaubwürdiges und politisch pointiertes Buch, auch wenn die Umsetzung etwas geschwächelt hat.

Vielen Dank an netgalley und Kein & Aber für ein Rezensionsexemplar. Alle Meinungen sind meine eigenen.