Nichts Neues!

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Laila Lalamis Roman Dream Hotel bewegt sich in einem erzählerischen Raum, der zwei große Traditionslinien aufruft. Einerseits erinnert die Struktur deutlich an Kafkas Der Prozess. Die Figuren geraten in ein System, das vorgibt, rational zu funktionieren, tatsächlich aber von Willkür, Undurchsichtigkeit und der Entmachtung des Einzelnen geprägt ist. Entscheidungen erscheinen gleichzeitig formal korrekt und vollkommen unvorhersehbar, was eine Stimmung erzeugt, die sich unmittelbar an Kafka anschließt.

Andererseits schafft der Roman eine futuristische Atmosphäre, die Parallelen zu George Orwells Roman 1984 weckt. Technologische Überwachung, permanente Erfassbarkeit und die Architektur eines Staates, der durch Sichtbarkeit kontrolliert, bilden das Grundgerüst der erzählten Welt. Diese Anleihen sind so präsent, dass sie das gesamte Setting dominieren und klar in die Tradition dystopischer Überwachungsromane treten.

Gerade weil der Roman sich so deutlich auf Kafka und Orwell bezieht, entsteht die Erwartung, dass er diesen bekannten Motiven entweder etwas Neues hinzufügt oder sie sprachlich in besonderer Weise transformiert. Beides geschieht kaum. Die Handlung folgt vertrauten Mustern, viele Passagen ziehen sich, und die Spannung verliert sich in Wiederholungen. Die Sprache bleibt konventionell, ohne besondere Präzision, Bildkraft oder eigene Handschrift.

Auch die politische Kritik wirkt bekannt und wenig überraschend. Überwachungsmechanismen und technokratische Härte werden zwar thematisiert, jedoch eher direkt als vielschichtig ausgestaltet. Statt neue Ambivalenzen zu eröffnen, bleiben die politischen Aussagen vorhersehbar und klar.

Vor diesem Hintergrund fällt es schwer nachzuvollziehen, warum viele Kritiken so positiv ausgefallen sind. Der Roman wird vielerorts als originell oder besonders relevant beschrieben, doch im Text selbst ist davon wenig zu erkennen. Die starke Resonanz hebt Aspekte hervor, die tatsächlich konventionell und wenig innovativ bleiben. Gerade deshalb entsteht ein gewisses Unverständnis, da Anspruch, Kritik und erzählerische Umsetzung nicht recht zusammenpassen.

Weil sich Dream Hotel auf zwei der bekanntesten systemkritischen Erzähltraditionen bezieht, hätte es einen neuen Zugriff, sprachlich oder strukturell, gebraucht. Da dieser ausbleibt, wirkt der Roman insgesamt konventionell und eher uninspiriert. Eine solide Lektüre, die aber weder Spannung erzeugt noch neue Gedanken anbietet.