Das Cover verspricht einen Sommer in Skandinavien – der Inhalt ist weniger licht.
Ein ruhiges, poetisches Own Voice-Debüt über drei Frauen aus dem samischen Volk, das leise, aber eindringlich von Verlust, Ungleichheit und Widerstand erzählt. Elin Anna Labba nimmt uns mit nach Lappland, in eine Zeit zwischen 1942 und 1979, in der sich das Leben von Iŋgá, ihrer Mutter Rávdná und Tante Ánne zwischen Sommer- und Winterquartier abspielt – bis ein Staudamm alles verändert.
Der Roman beginnt mit der Überflutung des Sommerdorfs – nicht durch Naturgewalten, sondern durch staatlich veranlasste Aufstauung zur Energiegewinnung. Das Dorf existiert plötzlich nicht mehr, und mit ihm verschwindet ein Stück Identität. Für Rávdná und ihre Familie bedeutet das den Verlust ihrer Torfkote, ihrer Lebensgrundlage. Der Versuch, ein festes Haus zu bauen, scheitert an Behördenwillkür und r@ssistischen Strukturen. Ihre Anträge werden mit dem Hinweis abgelehnt, sie sei als samische Frau nicht geschäftsfähig.
Im Wechsel zwischen Iŋgás kindlicher Perspektive und der von Rávdná erzählt die Autorin von einem Leben am Rand der Gesellschaft. Wer sich integrieren will, muss die eigene Herkunft abstreifen: einen schwedischen Namen annehmen, traditionelle Kleidung ablegen, in der Stadt arbeiten. Doch was bleibt, wenn man sich selbst verleugnet?
Ein Zeitsprung führt in die 1970er Jahre. Iŋgá ist inzwischen erwachsen, ihre Mutter lebt im Altenheim. Die Landschaft ihrer Kindheit liegt unter Wasser, die Wut über die systematische Verdrängung sitzt tief. Am Ende stehen Fragen nach Zugehörigkeit, nach Widerstand und Resignation – und nach einer Heimat, die es so nicht mehr gibt.
Elin Anna Labba ist selbst Samin, studierte Journalistik sowie samische Kunst und Literatur und veröffentlichte 2020 ein prämiertes Sachbuch über die Zwangsumsiedlungen der Sami. Ihre Perspektive verleiht dem Roman Tiefe und Glaubwürdigkeit. Sie schreibt poetisch, bildhaft, mit großer Nähe zur Natur. Gleichzeitig bleibt ihr Stil oft fragmentarisch und zurückhaltend. Die häufigen Einbindungen von Dialogen in der Sprache der Sami finde ich wichtig und richtig, doch sie machten mir die Lektüre nicht immer leicht zugänglich. Das Thema hat mich sehr bewegt: die Entrechtung der Samen, das Verstummen ganzer Kulturen, der stille Protest. Doch emotional ganz eintauchen konnte ich nicht – manches blieb mir zu distanziert, Entwicklungen sprangen zu schnell, einige Figuren blieben mir fremd. Die Atmosphäre, Sprachkunst und das Vermitteln der beklemmenden Grundstimmung habe ich dagegen sehr geschätzt.
Für Leser*innen, die leise Literatur mögen, sich für indigene Perspektiven interessieren und keine klassische Dramaturgie erwarten, ist dieses Buch eine wichtige Lektüre.
Der Roman beginnt mit der Überflutung des Sommerdorfs – nicht durch Naturgewalten, sondern durch staatlich veranlasste Aufstauung zur Energiegewinnung. Das Dorf existiert plötzlich nicht mehr, und mit ihm verschwindet ein Stück Identität. Für Rávdná und ihre Familie bedeutet das den Verlust ihrer Torfkote, ihrer Lebensgrundlage. Der Versuch, ein festes Haus zu bauen, scheitert an Behördenwillkür und r@ssistischen Strukturen. Ihre Anträge werden mit dem Hinweis abgelehnt, sie sei als samische Frau nicht geschäftsfähig.
Im Wechsel zwischen Iŋgás kindlicher Perspektive und der von Rávdná erzählt die Autorin von einem Leben am Rand der Gesellschaft. Wer sich integrieren will, muss die eigene Herkunft abstreifen: einen schwedischen Namen annehmen, traditionelle Kleidung ablegen, in der Stadt arbeiten. Doch was bleibt, wenn man sich selbst verleugnet?
Ein Zeitsprung führt in die 1970er Jahre. Iŋgá ist inzwischen erwachsen, ihre Mutter lebt im Altenheim. Die Landschaft ihrer Kindheit liegt unter Wasser, die Wut über die systematische Verdrängung sitzt tief. Am Ende stehen Fragen nach Zugehörigkeit, nach Widerstand und Resignation – und nach einer Heimat, die es so nicht mehr gibt.
Elin Anna Labba ist selbst Samin, studierte Journalistik sowie samische Kunst und Literatur und veröffentlichte 2020 ein prämiertes Sachbuch über die Zwangsumsiedlungen der Sami. Ihre Perspektive verleiht dem Roman Tiefe und Glaubwürdigkeit. Sie schreibt poetisch, bildhaft, mit großer Nähe zur Natur. Gleichzeitig bleibt ihr Stil oft fragmentarisch und zurückhaltend. Die häufigen Einbindungen von Dialogen in der Sprache der Sami finde ich wichtig und richtig, doch sie machten mir die Lektüre nicht immer leicht zugänglich. Das Thema hat mich sehr bewegt: die Entrechtung der Samen, das Verstummen ganzer Kulturen, der stille Protest. Doch emotional ganz eintauchen konnte ich nicht – manches blieb mir zu distanziert, Entwicklungen sprangen zu schnell, einige Figuren blieben mir fremd. Die Atmosphäre, Sprachkunst und das Vermitteln der beklemmenden Grundstimmung habe ich dagegen sehr geschätzt.
Für Leser*innen, die leise Literatur mögen, sich für indigene Perspektiven interessieren und keine klassische Dramaturgie erwarten, ist dieses Buch eine wichtige Lektüre.