Sommerland ist abgebrannt!

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jessi2712 Avatar

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Worum geht’s?

Die dreizehnjährige Ingá, ihre Mutter Rávdná und Tante Ánne – drei samische Frauen, immer auf Achse zwischen ihrem Winterquartier und dem »Sommerland« im schwedischen Nordwesten.
Gleich zu Beginn des Buches stehen sie wieder einmal vor dem Nichts, weil die schwedische Verwaltungsbehörde beschlossen hat, den Staudamm zu erhöhen und dafür die Siedlung zu opfern, nicht zum ersten Mal. Mühsam werden einige wenige Dinge gerettet.
Rávdná hat endgültig genug, sie wünscht sich ein richtiges Haus, will sesshaft werden, beantragt dafür sogar einen Kredit. Dieser wird ihr allerdings verwehrt mit der Begründung, es sei nicht vorgesehen, dass Samen sesshaft werden. Sie seien auch nicht in der Lage, sich um eine eigene Behausung zu kümmern und müssten auch künftig als Nomaden leben. Rávdná, die dies nicht hinnehmen will, macht sich trotzdem daran, eine feste Behausung zu bauen. Schließlich kommt es, wie es kommen muss, sie wird von der Verwaltung aufgefordert, diese abzureißen.

Im zweiten Teil der Geschichte ist Ingá erwachsen, Tante Anne ist längst tot und es entwickelt sich eine immer größere Distanz zwischen Mutter und Tochter. Rávdná protestiert weiter gegen die ungerechte Behandlung durch die Schweden, Ingá hingegen versucht, sich mit der Situation zu arrangieren und trotz allem ihr Glück zu finden.

Wie war’s?

Selten habe ich mich so schwer getan mit einer Rezension. »Das Echo der Sommer« hat mich begeistert, aber auch tief erschüttert und sehr nachdenklich gemacht. Was wissen wir eigentlich über das Volk der Samen und sein Schicksal? Und wie vermessen ist es von einem Staat, zu entscheiden, dass ein Volk auch künftig zum Nomadentum verdammt sein soll?
Mich hat der bildhafte Schreibstil von Elin Anna Labba tief beeindruckt (was selbstverständlich auch der großartig gelungenen Übersetzung von Hanna Granz geschuldet ist).
… doch er schien die Worte nicht zu hören, nicht wirklich. Er nahm entgegen, was ihm gesagt wurde, und legte die Wörter hinter sich auf die Fensterbank, und wenn er ging, würde er sie dort liegen lassen. Keiner der Männer am Tisch war gekommen, um ihnen wirklich zuzuhören. (S. 277)

Besonders gut gefallen haben mir die an zahlreichen Stellen eingestreuten Ausdrücke in samischer Sprache, die nochmal ein ganz anderes Flair vermitteln und einen noch tiefer in die Geschichte eintauchen lassen, sowie die sehr gelungenen Naturbeschreibungen.

Das Ende ist traurig, tragisch und zeigt (ohne zu viel vorwegzunehmen), dass man alte Bäume eben nicht verpflanzen soll.

Fazit

Eines meines bisherigen Lesehighlights dieses Jahr. Keine einfache Kost und nichts, was man nebenher wegliest, aber eine fesselnde, berührende und äußerst tragische Geschichte, die in mir die Neugier auf das Leben der Samen geweckt und mich in eine mir fremde Welt entführt hat. Und das ist es doch schließlich, was einen gelungenen Roman ausmacht. Von mir volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!