Anders als erwartet, aber auch gut!

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sillesoeren Avatar

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Nach der Leseprobe erwartete ich einen Krimi oder Thiller, bei dem sich aufklärt, warum der Verlobte der jungen Frau verschwand, die nun jeden Tag in der Polieistation die Fotos der namenlosen Toten ansieht. Ich ging davon aus, dass sich das Auftauchen der namenlosen Frau, die Einstein-Mädchen genannt wurde, irgendwie als perfide Straft- oder Greueltat ergibt. Ich ging davon aus, dass sich ein guter Grund dafür ergibt, warum der rahmengebende Schriftwechsel so geheimnisvoll beginnt, dass das Manuskript zwar schon Buch genannt wird, aber nicht einmal einen Titel haben darf. In jedem Fall ging ich davon aus, dass die mit großem Druck aufgebaute Spannung der ersten Leseseiten nun das ganze Buch über hoch gehalten wird. Das genau war aber nicht der Fall. Und siehe da: es störte auch nicht!

Ich empfand die Entwicklung der Geschichte als sehr interessant. Was ist mit der jungen Frau passiert, die mit einer Amnesie im Potsdamer Wald gefunden wurde? fragt sich der Leser fortwährend. Fasziniert beobachtete ich, welche Entwicklung der behandelnde Arzt machte und wie sich die Anfänge der NS-Zeit darstellten. Nie hatte ich auch nur eine Ahnung, wie es ausgeht.

Manche Länge wäre sicher nicht nötig gewesen, die Handlung wäre dann fesselnder gewesen. Auch war ich mir manchmal nicht sicher, ob der Autor eigentlich genau wusste, ob er einen historischen Roman, einen Krimi, einen Thriller oder einen psychologischen Roman schreiben wollte, er läuft manchmal etwas unrund. Die historischen Fakten waren gut recherchiert, daraus hätte sich auch ein guter Krimi machen lassen, der hätte dann aber zügiger geschrieben sein müssen. Für eine Gesellschaftskritik der damaligen Zeit beginnt das Buch mit zu vielen Krimi-/Thriller-Elementen.

Unterm Strich ein nettes Buch, das zwar nicht die Erwartungen der Leseprobe erfüllt, mir aber einige schöne Lesestunden beschert hat.