Akte Kali Yuga

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Es ist der zweite Roman der Autorin Sara Gran mit der ungewöhnlichen und verschrobenen Ermittlerin Claire DeWitt, für den Serienauftakt "Stadt der Toten" wurde sie mit dem deutschen KrimiPreis 2013 ausgezeichnet.
Claire De Witt ist Privatdetektivin aus Leidenschaft und Anhängerin des berühmt berüchtigten Silette, bei dessen Schülerin Constance Darling sie nicht nur ihr Handwerk gelernt hat sondern auch emotional aufgefangen wurde, der ganze Clan um Silette ist wie ein große Familie. Wir begegnen immer wieder im Roman Figuren aus diesem Umfeld.
Zu Beginn des Romans wird sie von einer Polizistin zu einem Tatort gerufen, weil sie das Opfer und dessen Ehefrau kennt; es ist ihr Ex-Freund und große Liebe Paul Casablancas; mit seiner Frau Lydia Nunez hat sie selbst ihn vor Jahren bekannt gemacht. Beide sind in der Musikbranche sehr erfolgreich. So geht man zunächst auch von Raubmord aus, zumal einige von Pauls Gitarren gestohlen worden sind.
Schon bei ihrer ersten Begegnung mit Paul hatte Claire eine dunkle Vorahnung, und als sie nun von seinem Tod erfährt, erinnerst sie sich wieder einmal daran, dass sie sich ja im Kali Yuga befinden, in einem unglücksbringenden Zeitalter, und so nennt sie denn auch die Akte, die ihr Assistent Claude für diesen Fall anlegt.
Das Lösen von Rätseln und die Suche nach der Wahrheit sind der entscheidende Motor für Claires Leben, Vorahnungen, Träume und Intuition sind ihre detektivischen Mittel, und Sachbeweise sind nur dann dienlich, wenn sie eine körperliche Reaktion auslösen, die dann zeigt, dass Claire die richtige Witterung aufgenommen hat.
Der Fall löst natürlich Erinnerungen aus an frühere Zeiten, nicht nur weil sie Paul kannte, sondern auch viele Weggefährten aus jenen Jahren. Daneben gibt es einen weiteren Erzählstrang einer ersten detektivischen Ermittlung aus Jugendzeiten, wo die Lust am Aufspüren und Rätsellösen begann, wobei das mitunter sehr breit ausgewalzt wird und zum aktuellen Fall nicht wirklich etwas beiträgt. Aber vielleicht ist dieser Roman, der ja nicht als Krimi bezeichnet wird, vielmehr ein Stück Lebensgeschichte statt eine geradlinige und rationale Fallbearbeitung wie in einem "normalen" Krimi. Aber diese weitschweifenden Ausflüge sind mitunter auch etwas langatmig und zudem wir das ständige Koksen der Protagonistin irgendwann nervend.Doch kommt Claire immer wieder auf die Beine und in ihrem Fall an, wobei man sich mitunter wohl nicht vorstellen kann, wie sie so zugedröhnt überhaupt noch auf der Spur bleiben kann .Es kommt nach Auflösung des Falls, die eher nebenher geschieht, schließlich zu einem lebensgefährlichen Unfall, der sie glücklicherweise wieder einmal zu einem Lama führt, unter dessen Obhut sie wieder im Leben ankommt und klar denken kann. Am Ende des Buches häufen sich noch eine Reihe Andeutungen zu möglichen weiteren Fällen, war mir allerdings zu breit gestreut, ein Fall steht schließlich ganz vorne und soll wohl den nächsten Roman schon vorbereiten.
Die Protagonistin ist schon eine "Naturgewalt" (Angela Wittmann) und deswegen treibt es den Leser auch voran, trotz einiger Durststrecken bzw. wegen Überfütterung durch die vielen Figuren und der ewig gleichen Koks-Szenen, bei denen ich mehrfach versucht war, das Buch wegzulegen. Dennoch möchte man wissen, wie es hier im Fall Paul wie auch im alten Fall Chloe weitergeht, und irgendwie sieht man dann doch eine Entwicklung in jeder Hinsicht, bei den Fällen wie auch bei Claire. Wer einen typischen Krimi erwartet, wird vielleicht enttäuscht werden, wer sich aber auf eine geniale bis verrückte Person bis an die Schmerzgrenze einlassen kann, der gerät in ihren Sog und findet seinen Lesegenuss.