Nicht leicht zu beschreiben

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singstar72 Avatar

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Dies dürfte wohl die mit Abstand interessanteste Leseprobe dieser Woche gewesen sein. Erstens einmal ist dieser Text wohl nicht so leicht in ein Genre zu packen. Es ist ein Mittelding zwischen Biographie und Sachbuch. Zeitweise fast poetisch in seiner Sprache.

Der Autor schreibt – zumindest indirekt – über seinen eigenen Vater. Das Verhältnis scheint nicht unbelastet gewesen zu sein, denn das Einzige, über das er sich seinem Vater nähern konnte, war das Aalfischen. So wählt er auch dieses Thema, um zu ergründen, was seinen Vater angetrieben haben könnte, warum nur er sich so sehr für Aale interessierte.

Von dieser Motivation ausgehend, zieht das Thema jedoch immer weitere Kreise. Aale werden geradezu zum Sinnbild in diesem Buch! Sowohl für den Autor (als kleiner Junge UND als Erwachsener), sowie für andere geschichtliche Personen.

Der allererste Abschnitt ist ein kurzer Sachtext über Aale. Wie ihr Lebenslauf sich gestaltet, ihr nahezu untrüglicher Instinkt. Ihr Wandern und ihre Metamorphosen. Ein ganz lupenreiner Sachtext ist das jedoch nicht. Er ist, sagen wir mal, „philosophisch unterwandert“. Die Beschreibung der Aale ist respektvoll, und voller nahezu warmherziger Beschreibungen.

Der zweite Abschnitt schildert eine Nacht des Fischens zwischen dem Autor und seinem Vater. Auch hier, wie bei den Aalen am Meeresgrund, herrscht meistens Stille. Es wird kaum gesprochen, es herrschen die Natur und nahezu archaische Rhythmen vor. Ich konnte ansatzweise verstehen, warum manche Menschen gerne angeln…

Und dann kommt eine farbige Seite, die uns ausdrücklich darauf hinweist, dass Kapitel ausgelassen werden! Das hatte ich noch nie in einer Leseprobe! Meistens musste man sich die Sprünge selber zusammenreimen! Es scheint ein Foto des Autors beim Angeln zu sein…? Wird es auch im echten Buch vorkommen…?

Der dritte Abschnitt, wer hätte das gedacht, berichtet vom jungen Sigmund Freud. Der wollte ursprünglich gar kein Psychiater werden, sondern reiner Naturwissenschaftler. Allerdings hatte er wohl immer schon einen Hang zu Rätseln, denn er beschäftigte sich ausgerechnet mit der ungeklärten Sexualität (!) der Aale. Dieser Abschnitt ist farbig und leicht ironisch durchsetzt geschrieben. Dem Leser wird auf einmal klar, woher die lebenslange Obsession Freuds mit der Sexualität stammen könnte.

Und alle drei Abschnitte auf einmal betrachtet, lassen mich ein sehr ungewöhnliches Buch erhoffen. Worum wird es in den ausgelassenen Kapiteln gehen? Um weitere Kindheitserlebnisse? Und wie werden die Episoden um Freud und wohl auch andere historische Personen mit dem Rest des Textes verbunden, welche Schlüsse werden gezogen? Oder werden sie es überhaupt? Muss der Leser selber interpretieren? Wird sich der Autor seinem Vater noch weiter annähern? Ich bin wahrhaftig hochgradig gespannt. Zumal mir die Sprache dieses Buches sehr gefallen hat.