Ein rätselhaftes Wesen

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Ok, Tiere an sich finde ich ja spannend – Fische dagegen finde ich eher öde, erst recht diese schlangenförmigen Aale. Faszinierend ist allerdings, dass die Biester teilweise sogar Strom erzeugen können – ich vermute nicht, dass das auch Patrik Svenssons Motivation war, den Aal bzw. das Nach-ihnen-Angeln zu seinem Sujet zu machen. Doch nach der Lektüre versteht man die Faszination für diese Tiere deutlich besser, denn dadurch partizipiert man an Svenssons immensem Wissen, wonach Aale offenbar wirklich faszinierend sind. Doch neben den Aalen geht es auch um das Vater-Sohn-Thema, also darum, wie Eltern und Kinder ihre Zeit miteinander und ihre Beziehung zueinander gestalten. Es geht um philosophisch-psychologische Betrachtungen und sogar Literatur bzw. Poesie und wie das alles mit Svenssons Leben zusammenhängt.

Das „Evangelium der Aale“ liest sich überaus gut, denn Svensson weiß, wie man schreibt und seine Leser mitnimmt. Die Sprache reicht von knappen Sätzen zu nachgerade „elegischen Bandwurmsätzen“, ist also facettenreich, was man als Leser aber auch zu schätzen wissen muss. Nicht zuletzt deshalb, sondern auch weil Svensson seinen Lesern Erkenntnisse nicht präsentiert, sondern sie selbst darauf kommen lässt, ist das Buch aber auch nicht leicht konsumierbar: Manchmal sollte man beim Lesen eine Pause einlegen, über das Gelesene nachsinnen (und ich schreibe absichtlich nicht „nachdenken“, denn es geht oftmals eher um ein „sacken bzw. wirken lassen“) und den Implikationen für das eigene Leben nachhängen. Für mich war ein Blick auf den schwedischen bzw. englischen Titel erhellend, der in Teilen übersetzt so viel heißt wie „der rätselhafteste Fisch der Welt“ – darüber kam ich dann darauf, dass durch die Klärung der Frage, wie der Mensch zum Aal steht, er selbst sich ebenfalls als rätselhaftes Wesen qualifiziert. Hoffentlich ist Svensson bei mir damit gelungen, was er erreichen wollte: Seine Leser zum Denken zu bringen. Und das ist bei der Lektüre nötig, das Buch ist nicht leicht oder schnell lesbar, es fordert den Mut, sich in ihm zu versenken und sich von ihm überraschen zu lassen; es braucht Zeit, Reflektion, und passt damit in mancherlei Hinsicht nicht in unsere Welt. Dafür hätte es volle Punktzahl verdient, aber etwas, das ich nicht in Worte fassen kann, hakte bei mir (vielleicht fehlt mir der Mut), sodass es 4 Sterne gibt.