Das Dilemma mit den Unwahrheiten

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sternenmeer Avatar

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Kennen Sie Karl May?
Klar!, werden Sie sagen, denn wer kennt ihn nicht?

Ich dachte, ich weiß über ihn, was man wissen muss, was sich zu wissen lohnt.
Wunderbare Abenteuer hat er zu Papier gebracht und damit ganze Generationen erfreut. Mit seinen Winnetoufilmen brachte die weite Welt in die deutschen  Wohnzimmer. Ein Schriftsteller halt. Was gibt es da noch zu sagen?
Wie ich nach dem Lesen des Romans nun weiß, eine ganze Menge.

Phillip Schwenke entführt uns in seinem Roman "Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste" zu einem Abenteuer, das Karl May selbst zu bestehen hat, nachdem Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit aufkommen. Er soll all die Abenteuer, die er niederschrieb tatsächlich selbst erlebt haben?
Soll mehrere Hundert Sprachen sprechen?
Für viele seiner Anhänger und Fans und für die Presse erscheint das zu weit hergeholt.
Eine schwierige Situation für jemanden, der Wahrheit und Fiktion nicht immer klar von einander unterscheiden kann.
So begibt sich Karl May also 1899 mit 57 Jahren zum ersten mal auf Reisen und wandelt damit auf den Spuren seiner erdachten Helden.

Die Abenteuer und die Begegnungen auf seiner Reise sind abwechslungsreich und interessant geschrieben. Die Figuren haben allesamt Charakter und die Erzählsprache ist der damaligen Zeit angepasst.
Es ist immer wieder ein Vergnügen zu lesen, wie Karl May versucht sein Lügenkonstrukt um seine eigene Person aufrecht zu erhalten. Wie er ins Straucheln gerät aber durch kreative weitere Unwahrheiten immer noch einmal gerade so davon kommt.

Toll finde ich die eingeschobenen Artikel aus den Zeitungen,  die damals über Karl May berichteten und die sein Dilemma verdeutlichen. Auch die immer wieder verwendeten arabischen Worte, die Mays Hilflosigkeit unterstrichen.
 
Ich finde diesen Roman total abwechslungsreich und unterhaltsam. Man muss Karl May keineswegs kennen um das Buch zu mögen.