Die Sache mit der Wahrheit

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loewenbaendiger Avatar

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Die spannende Leseprobe hatte geschildert, wie der junge Karl May, aus kleinsten Verhältnissen stammend, durch eine Verkettung unglücklicher Umstände zum Kriminellen abgestempelt, beizeiten die geplante Lehrerkarriere beendete.
Da kann es einen nur mit Bewunderung erfüllen, dass so ein Mann mit der Kraft seiner Phantasie es doch noch zu Ruhm und Einkommen bringt. Sind Schriftsteller, die erfundene Geschichten erzählen, Lügner? Ganz sicher nicht. Aber Karl May hat halt den Eindruck erweckt, als hätte er die edlen Heldentaten von Old Shatterhand und anderen selbst erlebt - und eine Lüge über lange Zeit aufrecht zu erhalten, ist schwer...
Philipp Schwenke erzählt in seinem Roman mit historischen Bezügen von der Orientreise Karl Mays - der ersten richtigen Auslandsreise des bald 60-jährigen.
Der ist freilich ein bisschen zu ausführlich geraten - 600 Seiten sind eindeutig zuviel. So wiederholen sich ähnliche Situationen halt immer mal wieder. Ein guter Lektor hätte mit behutsamen Kürzungen viel erreichen können. Ein bisschen beeinträchtigt ist die sonst durchaus spannende und unterhaltsame Erzählung durch die pausenlosen Zeitsprünge vor der Reise, während der Reise und nach der Reise - das ist etwas ermüdend.
Störend auch die Anflüge von Esoterik (gibt es den geheimnisvollen Begleiter nun oder nicht?), gut getroffen aber alles, was Zeitgeschmack und Lebensweise betrifft.
Insgesamt doch ein unterhaltsamer, Einblicke in Zeit und Biographie von Karl May bietender Roman mit kleinen Mängeln und einem rätselhaften Titel: Kann Wahrheit flimmern?