Ein gelungener Einblick in das Leben von Karl May

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bellis-perennis Avatar

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„Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste“ ist Phillip Schwenkes erster Roman. Er beleuchtet das Leben von Karl May, der Generationen von Lesern als Schöpfer der Figuren Kara Ben Nemsi, Hadschi Halef Omar sowie Winnetou und Old Shatterhand bekannt ist.

Weniger geläufig ist, dass Karl May alle diese Reisen und Erlebnisse erfunden hat, obwohl er immer wieder behauptet, selbst Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand zu sein. Denn Karl May ist über seine Heimat Sachsen bis 1899 nicht hinausgekommen.

Erst ab 1899, in seinem 57. Lebensjahr, unternimmt Karl May seine erste Auslandsreise. Sie führt ihn in den Orient und wird zur Enttäuschung seines Lebens. Nichts ist so, wie in seiner Fantasie erdacht. Es geht ihm das Geld aus. Zusätzlich sieht er sich einer Verleumdungskampagne ausgesetzt, denn auf der Schiffspassage stellen Mitreisende unangenehme Fragen. Man fühlt ihm, der behauptet 800 (oder nach anderen Angaben 1.200) Sprachen zu sprechen, auf den Zahn. Nicht einmal die einfachsten Floskeln auf Portugiesisch beherrscht er. Der Argwohn der Leute ist geweckt. Eine Hiobsbotschaft folgt der anderen: Seine Werke werden nicht mehr so gerne gekauft, Zeitungsberichte zweifeln die Geschichten überhaupt an, man zeiht ihn des unmoralischen Lebenswandels usw..

Und was macht Karl May? Er flüchtet in seine Traumwelt und manchmal hat es den Anschein, dass er zwischen Fakt und Fiktion nicht mehr so recht unterscheiden kann.

Meine Meinung:

Selbst als jugendliche Leserin bin ich nie auf den Gedanken gekommen, dass Karl May alle seine Abenteuer wirklich und wahrhaftig selbst erlebt haben könnte. Da zu sind es zu viele Bände. Reisen in der Fantasie sind total ok, oder glaubt jemand, dass Harry Potter tatsächlich existiert?

Was Karl May ein wenig unsympathisch macht ist, dass er das (damalige) Publikum für dumm verkaufen will, in dem er sich selbst als den strahlenden Helden präsentiert. Das nehmen ihm viele der honorigen Bürger Deutschlands auch übel. Es kommt zu den genannten Zweifeln an seiner Person. Karl May führt einen Doktor-Titel für den es keine Grundlage gibt. Mehrere Gerichtsverfahren wegen Hochstapelei sind die Folge und die Haftstrafen der frühen Jahre werden wieder ins Treffen geführt.

Interessant ist der Blick auf den Privatmann Karl, der in einer unglücklichen Ehe mit Emma gefangen zu sein scheint. 1903 werden sich die beiden scheiden lassen und Karl May Klara Plöhn, die Witwe seines Freundes heiraten.

Gut gefällt mir Philipp Schwenkes Schreibstil, der der Ausdrucksweise der Jahrhundertwende gut angepasst ist.

Der letzte Satz des Buches ist vorzüglich getroffen:
„Und wenn wir auf Karls Reise eines gelernt haben, dann doch dieses: wie wenig es lohnt, sich eine herrlich geratene Überzeugung später durch Tatsachen verderben zu lassen.“

Dem ist wohl wenig hinzuzufügen.

Fazit:

Ein gut gelungenes Porträt eines Mannes, der wie kein Zweiter Generationen von Lesern Abenteuer im Kopf erleben ließ.