Schalkhaft und unterhaltsam

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lunamonique Avatar

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„Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste“ ist der Debütroman von Autor Philipp Schwenke. Die Geschichte über Karl May beruht auf wahren Begebenheiten vermischt mit einer gehörigen Portion Phantasie.

1862 wird der 20jährige Karl May wegen Diebstahls einer Taschenuhr angezeigt. Das Missverständnis kann er wegen widriger Umstände nicht aufklären. Die Verurteilung hat Auswirkungen auf seine Lehramtskarriere an der Fabrikschule in Altchemnitz. Seine Mühen, eine bürgerliche Existenz aufzubauen, führen erst später zum Erfolg. 1874 beginnt Karl May mit dem Schreiben. 1897 startet er zu einer Reise in den Orient, um die Länder, die er in seinen Büchern so mitreißend beschreibt, endlich selbst zu erleben.

Der Prolog mit Karl May auf der Anklagebank ist ein gelungener Einstieg in die Geschichte. Verständnis kommt für den sympathischen jungen Mann auf, der sich in eine unglückliche Lage manövriert hat. Zeitsprung zum 8.7.1897. Karl May ist längst erfolgreich und hat eine große Fangemeinde. Er hält sich für Old Shatterhand und lässt alle Welt glauben, er hätte seine Roman-Abenteuer selbst erlebt. Auf seiner ersten Reise in den Orient wird Karl May mit der Wahrheit konfrontiert. Er kann sich weder verständigen, noch findet er sich zurecht. Die Hitze und das fremde Essen machen ihm zu schaffen. Ein Journalist hängt sich an seine Fersen, um die Wahrheit herauszufinden. Karl May muss Prüfungen und Herausforderungen bestehen und kommt mehr als einmal an seine Grenzen. Die Sprache ist der Zeit angepasst. Im Laufe der Geschichte nimmt das Geplänkel zwischen Karl und seiner Frau Emma immer mehr Raum ein. Eheschwierigkeiten werden deutlich. Aufschneider Karl steht bald beruflich wie privat das Wasser bis zum Hals. Kann er beweisen, dass wirklich ein Held in ihm steckt? Autor Philipp Schwenke erzählt mit viel Humor, wie Karl mit den Tücken auf seiner Reise zu kämpfen hat und wie groß die Kluft zwischen Wahrheit und Fiktion ist. Aber auch ein Karl May kann über sich hinauswachsen. Mehr als einmal geraten er und seine Reisebegleiter in Gefahr. Briefe, Zeitungsartikel und Zeitwechsel bremsen das Tempo aus, vervollständigen aber das Bild von Karls Problemen und seinen Bemühungen, alles im letzten Moment wieder gerade zu biegen. Selbst Emma bringt immer weniger Verständnis für ihren Mann auf. Lügen, Hinterlist, Intrigen, eine seltsame Wendung, im letzten Buchdrittel kommt so manche dunkle Seite und das ein oder andere Geheimnis zu tage. Wer ist Freund, wer Feind? Bei allen originellen, phantasiereichen Facetten, beeindruckt vor allen Dingen die Recherche zu Karl May und seinem Leben. Mit 606 Seiten hat der Roman auch einige Abschweifungen und
Längen parat.

Der Titel trifft den Inhalt auf dem Punkt. Farben und Details ziehen die Blicke aufs Buch. Die moderne Gestaltung stimmt auf eine unglaubliche, abenteuerliche Geschichte ein. „Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste“ hat einen schalkhaften Unterhaltungswert. Ein Autor, der in die Rolle seines Helden schlüpft. Amüsante bis peinliche Verwicklungen sind garantiert.