Eine Reise in ein Mexiko vergangener Zeiten

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"In Linares erzählt man sich noch heute von dem Tag, an dem die alte Nana Reha das Baby gefunden hat. Von einem Bienenschwarm umhüllt, erweckte der kleine Simonopio zunächst Misstrauen bei den abergläubischen Dorfbewohnern. Doch die Familie Morales nimmt den wilden Jungen zu sich auf die Hacienda, wo er stets begleitet von seinen Bienen aufwächst. Zwar wird er nie sprechen, doch er versteht mehr von der Natur, als irgendjemand sonst. Während die mexikanische Revolution wütet und die Spanische Grippe die Region trifft, rettet er die Familie mit seiner Gabe mehr als einmal vor dem Unheil. Doch nicht alle Bewohner der Hacienda meinen es gut mit dem Jungen...(Klappentext)

Sofia Segovia hat einen Roman mit magisch märchenhaften Zügen geschaffen, der den Leser während der Lektüre sowohl wärmt als auch vor Kälte erschaudern lässt. Aufgesprungen auf den Zug führt die Reise in das südöstliche Mexiko des Jahres 1910, um von da aus die bewegenden Lebensspannen der Mitglieder der Familie Morales spinnennetzartig nachzuzeichnen. Dabei wirken manche Passagen langatmig und bringen den Erzählfluss ins stolpern. Die Bilder und der Umgang mit der Natur spielen für die innere Sprache der Geschichte eine große Rolle. Sie wird präzisionshaft durch die Brille Simonopios betrachtet.
Der nuanciert eingesetzt humorvolle Sprachstil rettet den Roman vor dem Abdriften in 'kitschige' Sphären.

Geht es im Buch um ein Mexiko vergangener Zeiten? Auf der einen Seite ja, aber auf der anderen Seite nein, wenn man die Schilderungen der Spanischen Grippe (1918-1920) liest. Unglaublich aktuell sind die Maßnahmen, die damals implizit aus ihr entstanden sind. 100 Jahre her und noch keine neuen Wege gefunden, das lässt einen nachdenklich zurück.