Anrührig...

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mike nelson Avatar

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Manchmal überlege ich ja, ob die Covergestalter auch nur eine leise Ahnung haben, was der Inhalt der Seiten ist, für die sie den Auftrag haben, den Umschlag zu gestalten. Eine lilafarbene Damenhandtasche, eine aufgeblühte Tulpe... alles ein wenig sehr süßlich gehalten; ich muss zugeben, schon allein wegen dieses Buchcovers hätte ich den Roman "Das Fundbüro der verlorenen Träume" von Helen Frances Paris nie und nimmer in die Hand genommen. Dabei hat das Buch einiges zu bieten. Über den Inhalt kann man sich grob mittels des Klappentextes informieren. Es geht um Verluste. Auf der einen Ebene um die Arbeit von Dot in einem Fundbüro. Man ahnt als Leser allerdings sehr schnell, dass das Fundbüro 'nur' die Symbolebene der Geschichte ist. So ist es die größte Freude von Dot, die im Fundbüro gelagerten Gegenstände - fast schon zwanghaft - zu systematisieren und sich dafür zu engagieren, sie ihren Besitzern wieder zuführen zu können. Man wird das Gefühl nicht los, dass Dot auf diese Weise versucht, das eigene entglittene Leben wieder unter Kontrolle zu bekommen. Auf der tieferen Ebene geht es darum, wie es Dot gelingt, wieder in Kontakt mit den eigenen erlittenen Verlusten zu kommen: Ihr Vater hat sich suizidiert und ihre Mutter geht ihr immer mehr durch die Demenz verloren; und selbst ist sie alleinstehend und kinderlos, im Gegensatz zu ihrer Schwester. Ins Rollen kommt die Geschichte, als sie einem älteren Herren hilft, die verlorene Ledertasche seiner verstorbenen Frau zurückzubekommen und durch den neuen Chef die wohlvertraute Struktur an Dots Arbeitsplatz verlorengeht. Ja - das zentrale Thema ist das Wieder(zu sich) finden. Die Geschichte ist auf jeden Fall anspruchsvoller als das Cover es vermuten lässt.