"Es gibt einen Unterschied zwischen fallen und springen"

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goldilinchen Avatar

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Nachdem mich der Klappentext der Neuerscheinung neugierig machte, habe ich sofort die Leseprobe heruntergeladen. Ich war allerdings recht überrascht, da ich mir aufgrund der originellen Idee eine gänzlich andere Hauptprotagonistin vorgestellt hatte…

"Das ganze Fundbüro hat etwas aus der Zeit Gefallenes an sich, wie ein Museum, ein Archiv der Erinnerungen, eine Bibliothek des Verlusts. Ich glaube, deswegen habe ich mich hier immer zu Hause gefühlt."

Ich-Erzählerin Dot wirkt zu Beginn sehr korrekt, jedoch etwas weltfremd. Die Aussage „Wir hatten alle mal Träume“ ließ auf Enttäuschung schließen – hat sie mehr vom Leben erwartet?

Trotz der angedeuteten Entwicklung, was Dot und Mr. Appleby finden würden, war ich unschlüssig, ob ich die beiden auf ihrem Weg begleiten wollte. Zumindest diese Frage klärte sich als ich das Buch geschenkt bekam._

Über 368 Seiten enthüllt sich langsam Dot's Vergangenheit. Sie ist schon länger Single und arbeitet seit knapp 10 Jahren im titelgebenden Fundbüro. Nachdem ihre Mutter ins Pflegeheim kommt, droht nicht nur der Verkauf der gemeinsamen Wohnung...

Über weite Strecken wirkt die Geschichte trostlos. Nach etwa einem Drittel ändert sich der Ton: Dot wirkt nahbarer. Ich empfinde sie als glaubhaften Charakter, auch wenn ich ihr Verhalten nicht immer nachvollziehen kann. Der Klappentext beschreibt nicht die Kernthemen des Romans. Daher war der Handlungsverlauf jedoch nicht absehbar.

Die abschweifende, detaillierte Erzählweise empfand ich teilweise als anstrengend, obwohl ich den Schreibstil der Autorin ansonsten als angenehm empfunden habe und die prosaische Sprache die Handlung unterstreicht. Am meisten hat mir über weite Strecken ein wenig Optimismus gefehlt. Allerdings behandelt der Roman auch ernsthafte Themen wie Demenz, Schuld, Schicksalsschläge und Verantwortung.

Neben dem ansprechenden Cover sticht auf jeden Fall der Aufbau hervor: jedem Kapitel ist die Beschreibung eines bestimmten Fundstücks vorangestellt. London ist ein geeigneter Schauplatz für die Geschichte.

Abschließen möchte ich mit einem Zitat, welches die Essenz des Romans beschreibt: "Das Leben hat so viel zu bieten...glückliche Zufälle, Aufregendes, Hoffnung. Doch durch alles zieht sich auch der Verlust. Wollte man diesen einen Faden heraus ziehen, würde sich das ganze Gewebe auflösen. Verlust ist der Preis, den wir für die Liebe zahlen."