Das Geheimnis des Felskojoten

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jiskett Avatar

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Inhalt (Buchrücken) :
Die Weite Kanadas, ein mystisches Geheimnis und die große Liebe
Die 26-jährige Serena wird durch einen Anruf ihres Bruders in Angst und Schrecken versetzt: Fabian wird verfolgt und ist in Nordamerika untergetaucht. Von vorahnungsvollen Träumen geplagt, macht Serena sich gemeinsam mit Fabians Freund, dem Indianer Shane Storm Hawk, auf, ihren Bruder zu finden. Die Suche, bei der sie selbst zu Verfolgten werden, führt durch den Westen der USA bis nach Kanada. Schnell wird klar: Nur wenn Serena den mystischen Zeichen folgt, wird sie Fabian und auch ihr ganz persönliches Glück finden.

Die Autorin (dem Buch entnommen) :
Sanna Seven Deers ist geborene Hamburgerin. Sie heiratete einen kanadischen Indianer und zog mit ihm in die Wildnis der Rocky Mountains. Dort leben die beiden mit ihren vier Kindern.
www.sannasevendeers.com

Aufbau:
397 Seiten
Ein "Gedicht" über den Great Spirit
Eine gezeichnete Karte
24 Kapitel + 1 "Epilog"
Zweiseitige Erklärung der Autorin, wie sie auf die Geschichte gekommen ist

Stil:
Die Geschichte wird von einem allwissenden Erzähler aus vier Perspektiven wiedergegeben: Die meiste Zeit wird berichtet, was Serena und Shane gerade tun, dies wird aber unterbrochen von Abschnitten, in denen es um Fabian oder die Antagonisten geht. Dabei kann es durchaus sein, dass alle vier Perspektiven in einem Kapitel vertreten sind.

Meinung:
Ich finde es sehr schwer, "Das Geheimnis des Felskojoten" zu bewerten. Das liegt vor allem an der Einbindung der indianischen Mythologie, die ich sehr zwiegespalten sehe.
Nachdem Serena und Shane aufeinander getroffen sind und beschließen, gemeinsam nach Fabian zu suchen, verlassen sie sich hauptsächlich auf Hinweise, die die Geistwesen ihnen übermitteln. Sie suchen heilige indianische Stätten auf, an denen mysteriöse Dinge geschehen. Beispielsweise unterhalten sie sich mit einer Frau, die von Schwitzhüttenzeremonien schwärmt und sich mit Shane fotografieren lässt - aber als sie sich das Foto später anschauen, ist er alleine abgebildet. Dies überzeugt die beiden davon, einen Hinweis vom Great Spirit erhalten zu haben, und bestimmt ihren weiteren Weg. Auch wenn sie in Schwierigkeiten stecken, geschehen unerklärliche Dinge, die sich nur mit der Hilfe der Geistwesen erklären lassen.
Vorweg gesagt: man muss bereit sein, sich auf diese mystischen Geschehnisse einzulassen und zu akzeptieren, dass Dinge geschehen, die man sich mit reiner Logik nicht erklären kann. Wem dies zu abgedreht ist, der wird mit diesem Buch keine Freude haben, denn die Geistwesen mischen im ganzen Buch kräftig mit.
Einerseits fand ich die indianische Mythologie sehr interessant. Ich habe alle heiligen Orte, die die Protagonisten aufsuchen, gegoogelt und mir auch die erwähnten Rituale angesehen. Auch Shanes festen Glauben und seine Ruhe, das Vertrauen in den Great Spirit fand ich faszinierend. Ich habe zuvor noch kein Buch gelesen, in dem diese Dinge eingebunden wären, sodass ich bereit war, diese doch sehr mystische Hilfe, die sie erhalten, zu akzeptieren. Immerhin ist es eine Geschichte über Indianer und wird schon als "mystisch" angepriesen, da war es nur klar, dass es sich sehr um ihren Glauben drehen würde.
Je weiter die Handlung voranschritt, desto problematischer wurde es aber für mich. Langsam kam es mir so vor, als wären die Geistwesen etwas wie ein Deus ex machina. Eines ist klar, ohne die Hilfe der Geistwesen hätten Shane und Serena keine Chance gehabt, auch nur eine Spur zu finden. Der Great Spirit lässt ihnen Hinweise zukommen, sei es nun an den Gebetsstätten oder durch Serenas mysteriösen Traum, Gebete retten sie aus brenzligen Situationen, der Great Spirit sorgt am Ende für ausgleichende Gerechtigkeit. Irgendwann war mir das alles zu viel. Nichts gegen den Glauben der Indianer oder die Tatsache, dass die Geistwesen hier real zu sein scheinen und den beiden Hinweise geben, das war wirklich noch interessant und mal etwas anderes. Wenn die Protagonisten sich aber in mehr als 50% der Handlung nur auf diese mystischen Ereignisse verlassen, fällt es mir schwer, die Geschichte noch als glaubhaft zu empfinden. Vor allem am Ende wurde es mir persönlich ein wenig abgedreht, als ein Bär sich in einen elektrisch geladenen Zaun warf, um die Stromversorgung zu unterbrechen und den Protagonisten Zugang zum Gebäude zu verschaffen. Bei aller Faszination, dies ist mir zu viel des Guten. Hätte Sanna Seven Deers die Geistwesen etwas spärlicher eingebunden, wäre es glaubwürdiger gewesen und hätte die Hauptpersonen nicht so wirken lassen, als könnten sie nur durch Übersinnliches etwas erreichen.
Wichtig hierbei ist auch der titelgebende Kojote. Er taucht dauernd auf, gibt den Protagonisten ebenfalls (indirekt) Hilfestellung und ist gerade am Ende entscheidend für den Ausgang des Konfliktes. Die Darstellung der Tiere erscheint mir auch typisch indianisch zu sein. Sie werden als weise und als Rebellen dargestellt, nicht als gefährliche, unberechenbare Wesen.

Was mich ebenfalls ein wenig gestört hat, war die schwarz/weiß-Zeichnung der Charaktere, die nur an wenigen Stellen durchbrochen wird. Serena ist ein wenig naiv und kann ihre Kamera kaum aus der Hand legen, aber sie ist sehr mutig, freundlich, lustig und eben eine typische Heldin, die nur gelegentlich zu stur und ein wenig zickig ist, während Shane ein guter, naturbewusster, gelassener und mutiger Indianer ist, der nur ab und zu ein wenig schroff ist. Die Bösen hingegen scheinen skrupellos (wenn auch sehr unbeholfen) zu sein und menschliche Regungen gut unterdrücken zu können.
Leider stellen die Antagonisten den Großteil der Handlung keine große Bedrohung dar. Sie scheinen über sämtliche technischen Möglichkeiten zu verfügen, Serena, Shane und Fabian zu verfolgen, aber dennoch lassen sie sich auf falsche Fährten locken oder abhängen. Gerade die beiden "Handlanger" wirken zudem stellenweise etwas dümmlich und nicht so, als wären sie Profis.

Stellenweise hatte ich auch das Gefühl, dass die Autorin den Leser belehren wollte. Dauernd wird betont, dass die Zivilisation die Natur zerstört. Gerade am Anfang spricht Shane dauernd darüber, sodass es mir wirklich so vorkam, als wolle Sanna Seven Deers die Leser mit der Nase darauf stoßen. Natürlich ist es klar, dass Shane als Indianer erzürnt ist, wenn die unberührte Natur zerstört wird, aber meiner Meinung nach hätte man es auch unauffälliger einfließen lassen können.

Als dann gegen Ende enthüllt wurde, warum Fabian verfolgt wird und welche finsteren Machenschaften dahinter stecken, dachte ich, dass dies sehr interessant werden könnte. Leider wurde mir dann alles zu abgedreht. Ein riesiger Komplex, unterirdisch in einem Berg, und grausame Menschenversuche, die von der Polizei gedeckt werden? Der Grundgedanke ist durchaus interessant. Menschenversuche, der Versuch, unsterblich zu werden, ein geheimes Lager in den abgelegenen Rocky Mountains... allerdings hätte von allem weniger gereicht. Man sagt "weniger ist mehr", und in diesem Fall kann ich dem durchaus zustimmen. Wäre alles in einem etwas kleineren Rahmen abgelaufen, hätte ich die Auflösung glaubwürdiger gefunden.
Vor allem... wenn alles so ein großer Konzern ist, dann sollte es zwei unausgebildeten Menschen eigentlich nicht möglich sein, mehr oder weniger problemlos einzudringen und alles außer Gefecht zu setzen, auch wenn natürlich der Great Spirit zur Hilfe kam...

Natürlich fand ich nicht alles an dem Buch schlecht. Im Gegenteil. Es war sehr gut zu lesen, war flüssig geschrieben und man kam leicht voran. Die Protagonisten wirken, obwohl sie wie erwähnt recht schwarz/weiß gezeichnet sind, recht sympathisch und man will auch wissen, ob sie es schaffen, Fabian zu finden. Zudem war, wie bereits gesagt, die Idee mit dem Great Spirit und die Beschreibung der Indianer sehr faszinierend. Die Seiten fliegen aufgrund der flüssigen Schreibeweise geradezu dahin und vor allem die Beschreibungen sind wirklich gut. Stellenweise kam sogar ein wenig Spannung auf, obwohl die Geschichte insgesamt sehr unaufgeregt geschrieben wurde.
Auch wenn ich einiges zu kritisieren habe, ich habe das Buch doch ganz gerne gelesen, besonders, da einige Kritikpunkte mir erst aufgefallen sind, als sie gehäuft auftraten. Dadurch war das Buch gerade am Anfang sehr interessant. Wie oben genannt, fand ich vor allem das Leben der Indianer und ihre Mythologie sehr faszinierend. Vor allem, wie sehr die Indianer noch immer diskriminiert werden, war sehr gut dargestellt und berührte mich doch sehr. Generell gelingt es der Autorin gut, Emotionen zu übermitteln, sodass man mit den Protagoniten fühlen kann. Auch am Ende kullerten noch einige Tränen.
Zudem finde ich die Mischung aus Liebesgeschichte, indianischer Mythologie und einer krimi-ähnlichen Rahmenhandlung eigentlich gut umgesetzt, auch wenn stellenweise alles ein wenig übertrieben dargestellt wurde.

"Das Geheimnis des Felskojoten" ist ein Buch, das man sehr gut an einem Nachmittag lesen kann und an dem man durchaus Spaß haben kann. Wenn man aber überhaupt nicht mit unerklärlichen, mystischen Ereignissen klar kommt und keine Antagonisten mag, die sich leicht austricksen lassen, dann sollte man die Finger von diesem Buch lassen.