Ungesunder Tratsch

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laberlili Avatar

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Aufgrund des "und wie sehr sie selbst in diese Geschichte verstrickt ist" in der Kurzbeschreibung erwarte ich nun schon fast, dass sich letztlich herausstellen wird, dass Joannas eigene Mutter die verurteilte Mörderin mit neuer Identität ist - aber das wäre viel zu vorhersehbar, oder nicht? Oder bildet sich nur aufgrund Joannas geäußerter Vermutung bezüglich der Kindsmörderin ein Lynchmob - und dann stellt sich heraus, dass gemeinte Mörderin inzwischen am anderen Ende des Landes verstorben ist? So oder so hat der Inhalt jetzt schon einen schalen Nachgeschmack, grad wenn man sich an das Geschehen in Emden vor wenigen Jahren erinnert, als eine recht große Gruppe von Menschen vor einer Polizeistation aufmarschierte, lautstark die "Herausgabe" eines vermeintlichen (und ebenfalls minderjährigen) Täters verlangte, um öffentlich an ihm ein Exempel statuieren (=ihn umbringen) zu können - und keine zwei Tage später war dann absolut sicher, dass besagter "Kinderschänder und Mörder" rein gar nix mit dem ihm unterstellten Verbrechen zu tun hatte.

Dass "Das Gerücht" nur ausarten kann, zeigt sich für mich schon im Anfang, wo es nur aufkommt, weil man jemanden kennt, der jemanden kennt, der mal mit wem verheiratet war, der wen kennt... Da saß ich schon kopfschüttelnd da, dachte ebenso dankbar wie die Protagonistin "Danke, Fatima", als es eben diese als bloßes Getratsche abtat - und am Ende saß ich doch wieder kopfschüttelnd da, als Joanna es wiederum, "aber unter Vorbehalt!", ihrem Buchclub erzählte...
... aber irgendwie bin ich nach der Leseprobe auch sehr gefesselt vom Geschehen, wie sich das Gerücht selbst in Joanna auswirkt, wie sich die Grübeleien deswegen festsetzen, und sich wie ein Virus weiterzuverbreiten scheint, aber so ein Virus ist wohl äußerst selten gesund...