Ein Buch das nachwirkt

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rinoa Avatar

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Joanna zieht mit ihrem Sohn Alfie in das beschauliche Küstenstädtchen Flinstead. Durch Zufall hört sie nach der Schule einige der anderen Mütter darüber sprechen, dass die Kindermörderin Sally McGowan unter falscher Identität ebenfalls dort wohnen soll. Ohne sich viel dabei zu denken trägt Joanna das Gerücht weiter – und setzt damit Ereignisse in Gang, die sich irgendwann nicht mehr kontrollieren lassen.

Für ihren Debütroman hat sich Lesley Kara einem spannenden Thema gewidmet: Es ist erschreckend, wie schnell ein (falsches) Gerücht einem Unschuldigen die Existenz zerstören kann. Und selbst nach einer vollständigen Rehabilitierung kann so ein Gerücht kleben bleiben und nie ganz verschwinden.

Joanna meint es jedenfalls nicht böse, als sie das Gehörte über Sally McGowan zunächst im Buchclub anspricht und später auch im Kreis einiger anderer Mütter. Sie will vor allem, dass ihr Sohn Alfie Anschluss findet, nachdem er in seiner alten Schule bereits gemobbt wurde und das gelingt am Besten, indem sie selbst ebenfalls Anschluss findet.

Meine anfängliche Sympathie für Joanna schlug im Laufe der Lektüre allerdings etwas um und ich fand sie mehr und mehr anstrengend und teilweise auch naiv. Sie verdächtigt alles und jeden (was sicher auch den Leser verwirren und in die Irre führen soll, bei mir hat es zumindest funktioniert), reagiert in einigen Situationen recht untypisch und soll zwar eigentlich kein Klatschmaul sein, benimmt sich aber dennoch so.

Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, Lesley Kara schreibt richtig gut, sehr spannend und ich fand es schon während der Lektüre schade, dass das Buch bald vorbei sein wird.

Die Geschichte in der Geschichte, also den Fall der Kindermörderin Sally McGowan (die als Zehnjährige einen Fünfjährigen mit einem Messer erstach, nach ihrer Aussage ein Unfall), fand ich ziemlich gruselig. Durch die in regelmäßigen Abständen eingestreuten Zeitungsartikel musste ich an True-Crime-Dokumentationen denken, die mir auch immer wieder einen leichten Schauer über den Rücken jagen, einfach weil sie wirklich passiert sind. Das ist hier zwar nicht der Fall, der Effekt war allerdings derselbe.

Die Auflösung war tatsächlich überraschend und schockierend (ich habe mich dabei ertappt, wie ich mit offenem Mund da saß, als es mir dämmerte), für mich allerdings alles in allem nicht ganz stimmig bzw. ein klein wenig konstruiert. Trotzdem hat mir „Das Gerücht“ wirklich sehr gut gefallen und mich auch nach Beendigung noch einige Zeit beschäftigt, was mir in diesem Ausmaß nicht oft passiert.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!