Archaisch, brutal, verstörend

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europeantravelgirl Avatar

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Dieses Endzeit-Epos spielt in einer Welt nach der Nuklearkatastrophe. „Jener Tag“ hat die alte Welt zerstört, was die völlige Verwüstung der Lebenswelt und Mutationen zur Folge hatte. Aus der Asche erhoben sich neue Völker, die alle nach dem „Gesetz der Natur“ leben. Das geschriebene Wort existiert nicht mehr, nur noch einige Gesetzesrollen, die auch wiederum nur wenige Ausgewählte lesen können. Bereits hier deutlich biblische Anklänge an die Zehn Gebote. In dieser archaischen, mittelalterlich anmutenden Welt in Neuamerika lebt verborgen die letzte Mutantin, Gaia. „Entstanden aus den Tiefen der Deformation“, was sich bei ihr vordergründig in entstellter Haut an Händen und linker Kopfhälfte manifestiert. Sie wird fernab der Welt von zwei geächteten Männern aufgezogen – dem Lehrer und dem Jäger. Von ihnen lernt sie das Lesen und das Töten. Es entspinnt sich eine Endzeitgeschichte, während der Gaia in Gefangenschaft gerät und dann auf eine Mission geschickt wird, um die letzten Bücher zu finden und damit die Neue Welt zu verändern.

Der Schreibstil orientiert sich deutlich an der Bibel; es gibt Phrasen wie „Selig sind …“ und psalmenhafte Passagen. Bei der Handlung geht es entgegen des Klappentextes lange Zeit nicht um die Rettung der Bücher; stattdessen wählt Gaia den Weg als Kriegerin und Schlächterin. Brutales Töten und Abschlachten nehmen eine zentrale Rolle in diesem Roman ein. Fantasy-Elemente durchbrechen das Genre des reinen Endzeit-Epos. Schwierig wurde es für mich bei der Rechtfertigung allen Mordens und Tötens durch Gaia. Für sie ist dies das probate Mittel zum Schutz ihres Sohnes. Diesem wird in Jesus-Christus-artiger Manier überhöht eine Zukunft als „der Gerechte“ vorbestimmt.

Während der biblische Schreibstil und die primär alttestamentarischen Anspielungen in diesem Buch durchaus als Kunstkniff gelten dürfen, hat mich vor allem die rohe Brutalität abgeschreckt. Besonders die Rechtfertigung der Gewalt fand ich verstörend.