Der schreckliche Unfall

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
lerchie Avatar

Von

Sie ging jeden Morgen Joggen. Immer kurz vor der Dämmerung lief sie los, und nichts konnte sie davon abhalten: Kein Regen, kein über Nacht gefallener Schnee. Auf der Kuppe blieb sie stehen, denn die Sonne würde bald aufgehen. Sie dachte an Gott, von dem sie nicht glaubte, dass es ihn gab. Aber trotzdem hatte sie Zweifel und fragte sich, ob das was geschehen war wohl ihre Strafe war. Doch wofür? Oder war es einfach nur Pech gewesen? Sie verdrängte die Gedanken, wurde immer schneller, selbst im unwegsamen Gelänge. Dann strauchelte sie, fiel. Sie musste ein paar Schritte gehen bevor sie weiterlaufen konnte. An der Lichtung sah sie sich aufmerksam um, sah niemanden und betrat sie. Und doch waren ihrem aufmerksamen Auge die beiden Menschen – ein großer und ein kleiner - auf dem Hochsitz entgangen.
Der ältere Mann sah sie durch das Zielfernrohr seines Gewehres als ein Hirsch die Lichtung betrat. Der Hirsch, um den es ihm ging, und die Frau machten einen Schritt und noch einen auf ihn zu. Es war das erste Lebewesen, das nicht bei ihrem Anblick davonlief, im Gegenteil, der Hirsch sah sie an. Der Mann erschoss den Hirsch und Margarete erschrak, konnte jedoch nicht schreien, denn das blieb ihr verwehrt. Margarete rannte weiter, es war schon viel zu hell hier.
Vater und Sohn stiegen vom Hochsitz, der Sohn wurde vom Vater beruhigt, denn er hatte vor Angst in die Hosen gemacht. Die Frau erwähnten sie nicht mehr.
Anna hatte Margarete das Schloss verlassen sehen, und nun sah sie sie heimkommen. Sie ging durch die Räume, öffnete die Fenster und setzte sich im Salon schließlich an den Flügel. Ihr war etwas übel und schwindelig, was in letzter Zeit öfter passierte. Sie sah sich um. Alles was sie sah, war Bestandteil ihres Lebens. Vor sechzig Jahren war sie hierhergekommen. Sie öffnete die Türen zur Terrasse, aber anstatt den Garen zu sehen, sah sie vor sich, was vor vier Jahren geschehen war. Josef und Agnes Boll hatten ihre neueste Errungenschaft der Boll-Werke vorgeführt, die der ganzen Region eine glückliche Zukunft bescheren sollte. Es waren sehr viele Besucher dagewesen. Zuerst hatte niemand bemerkt, dass Magarete am Boden lag, dann hatten sich alle einfach abgewendet, bis jemand endlich nach einem Arzt rief. Agnes drängte sich zu ihrer Tochter durch die Menschen, die sie umstanden. Margarete hatte eine Schussverletzung im Gesicht, die zur völligen Verunstaltung geführt hatte. Es war die neueste Errungenschaft, die dazu geführt hatte, geführt von Josef Boll hatte sich der Schuss aus der neuen, lautlosen, gesicherten Waffe gelöst. Und Josef Boll sank zu Boden. Der Sanitäter, der aus dem Rettungshubschrauber stieg, diagnostizierte einen Herzinfarkt und fragte nach der Schussverletzung. Schnell lief er zu der anderen Menschentraube. Was er dort sah, darauf war er nicht gefasst gewesen. Der Schuss hatte alles unterhalb der Augen zertrümmert. Undwährend er sich um Margarete kümmerte, wurde auch ihre Mutter zur Patientin. Er nahm Josef und Margarete in seinen Heli, denn er hatte nur zwei Plätze. Agnes musste warten, bis der nächste Heli da sein würde. Die Besucher waren gegangen und Anna war plötzlich allein gewesen.
Albert Hager führte die Werke in Abwesenheit Josef Bolls. Er war der Pragmatiker, war auf Boll zugegangen als er sah, wie er zu Boden sackte. Niemand hatte bemerkt, wie er die Waffe genommen und in seine Jacke gesteckt hatte. Dann war er zu seinem Wagen gegangen. Im Werk hatte er die Waffe in einem Safe verstaut und durch Telefonate sichergestellt, dass die Untersuchung von der Staatspolizei geführt werden würde. Sein zweites Telefonat hatte dem Herausgeber der auflagenstärksten Zeitung des Landes gegolten, dem er unaufgefordert von dem Unfall und dem Herzversagen Josef Bolls berichtet hatte. Mit zwei Telefonaten war die ganze Elite des Landes informiert. Allerdings wusste Hager nicht, dass es noch ein zweites Modell dieser Waffe gab…
Die Buchbeschreibung: Ein Sommerfest in einem Schloss am Stadtrand. Eine Waffe, ein Schuss. Und eine junge Frau, die sich vom entstellten und einsamen Mädchen zu einer herrischen, knallharten Unternehmerin in der männerdominierten Welt der Waffen entwickelt. Ein durch Zufall gelöster Schuss aus der Waffe ihres Vaters ändert das Leben der blutjungen, steinreichen Margarete Boll schlagartig.
Isoliert von ihrer Umwelt, einsam und gefangen in einem goldenen Käfig, versteckt sie ihre seit dem Unfall grässlich entstellte Erscheinung hinter einer starren Maske und sehnt sich nach Liebe. Nur ein 36 Jahre älterer Mann vermag es, sie aus ihrer Isolation zu befreien. Er wendet als Erster den Blick nicht ab. Schleichend beginnen die Grenzen zwischen Moral, Hingabe, Perversion, Hass und Wahnsinn zu verrinnen, bis Margarete erkennt, dass gerade ihr größter Makel größte Macht bedeutet.
Die Leseprobe ließ sich leicht und flüssig lesen. Ist Margarete hier schon die herrische, knallharte Unternehmerin D davon liest man noch nichts. Dennoch ist es etwas spannend und die LP hat mich auch neugierig auf den Rest des Buches gemacht. Ich würde mich über ein Vorablesen-Exemplar sehr freuen.