Typisch Pascal Mercier
Die Bewertung dieser Hörprobe muss ich naturgemäß zweiteilen: einerseits nach Inhalt, zweitens nach Sprecher.
Der Sprecher ist hervorragend! Markus Hoffmann spricht den Text genauso, wie ich es mir vorgestellt hätte. Pascal Mercier erzählt nicht so sehr „nach Inhalt“, sondern seine Texte sind wie Musik; er erzählt „nach Rhythmus“. Dem passt sich der Sprecher perfekt an. Seine Stimme ist melodisch, sie erzählt nicht, sie tänzelt. Und er hat es geschafft, auch die portugiesischen Zitate wohlklingend und „stolperfrei“ einzulesen. Respekt!
Der Inhalt…! Ich muss schon sagen, dass ich etliche Parallelen zum „Nachtzug nach Lissabon“ sehe. Ein alternder Mann in einer Ausnahmesituation beschließt aus einer Übersprungshandlung heraus, sein Leben zu ändern, und an einen fremden Ort zu ziehen. Nur, dass dieser Ort in diesem Fall nicht so fremd ist. Simon Leyland war schon früher in London – zumindest als Kind. Er hat ein Haus geerbt – und obwohl er eigentlich in Portugal lebt, beschließt er, das Erbe tatsächlich anzutreten.
Und schon wieder geht es um eine ominöse, nicht näher benannte Krankheit! Und schon wieder scheint der Mann vor seiner Familie, seinen Bekannten geradezu zu „fliehen“. Und schon wieder geht es – auch – um Portugal.
Schön fand ich die Sprache und die Beschreibungen. Simon war als Kind schon fasziniert von U-Bahnen. Die Beschreibung einer herannahenden Zuges hatte etwas Poetisches! Und dann erst diese liebenswerte Exzentrik. Als Erwachsener „verbeißt“ sich Simon in eine Fahrplan-App der Londoner U-Bahn. Er rezitiert sie bei jeder Gelegenheit. Das zeigt meines Erachtens, dass er seelisch ein wenig ziellos ist – wenn nicht am Rande einer autistischen Störung. Auf jeden Fall aber scheint es in seinem Leben einen Bruch zu geben. Warum lebt er nicht mehr in London, sondern in Portugal? Und hat er diesen Schritt bereut?
Obwohl in dieser Hörprobe noch nicht sonderlich viel passiert ist, würde ich das Hörbuch sehr gerne gewinnen! Hier geht es anscheinend, wie für Pascal Mercier typisch, nicht so sehr um eine fortlaufende Geschichte, einen „Plot“ - sondern um Gefühle und Beobachtungen. Und die sind wirklich toll geschildert.