Das gläserne Meer

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milena Avatar

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Der Autor Josh Weil war für mich neu. Ich hatte vorher weder etwas von ihm noch etwas über ihn gelesen. Im Klappentext wird beschrieben, dass er 2010 für seine Novellensammlung "The New Valley" den Sue-Kaufman-Debütpreis erhalten hat. Der Roman "Das gläserne Meer" sprengt den Rahmen seiner bisher bevorzugten Textsorte gewaltig. 666 Seiten gilt es zu würdigen. The New York Times Book Review bezeichnet den Roman als fesselnden, ergreifend schönen Debütroman, der wunderbar von der mysteriösen russischen Seele gefärbt ist. Den Bezug des Autors zu Russland erklärt der Autor in der Danksagung selbst auf. Als Jugendlicher verbrachte er im Rahmen eines Schüleraustausches einige Zeit in der Sowjetunion. Die Erlebnisse dort hätten die Weichen für dieses Buch gestellt. Das Cover zeigt einen gefrorenen See, mit zwei sich voneinander weg bewegenden Schlittschuhläufern, ein Blockhaus im Vordergrund und Birken, die die Assoziation zu russischen Landschaften hervorrufen. Irritiert wird der Betrachter von einem mythologischen geflügelten Wesen, das über der Winterszenerie schwebt, die in schwarz-weiß-rot gehalten ist. Inhaltlich geht es um die Entwicklung der Zwillinge Jarik und Dima, die nach dem Tod des Vaters auf dem Bauernhof ihres Onkels aufwachsen und dort mit dem russischen Sagenschatz in Berührung kommen. Der Titel des Romans ist angelehnt an das gigantische Gewächshaus, das sich hektarweit um die Stadt Petroplawilsk erstreckt, in dem die beiden Brüder arbeiten.
Jarik ist Realist, verheiratet und ist Vater zweier Kinder. Dima ist ein Träumer, der allein mit der Mutter lebt. In den beiden Brüdern verkörpert sich für mich auch die Befürwortung des Kapitalismus und der Kritik daran. Das ist für mich auch das eigentliche Thema des Romans. Auf Seite 267 des Romans wird dieser Ansatz deutlich: " Uns dazu zu bringen, etwas zu wollen, von dem wir nicht wissen, dass wir es wollen, bis wir es wollen: Das ist das Genie des Kapitalismus." Für mich lebt der Roman nicht von der Handlung, sondern von der Gedankenflut, die er freisetzt, von den wunderschönen poetischen Sprachbildern und von der Darstellung der Mutter der Zwillinge, mit deren Tod der Roman sein Ende findet. Das Buch braucht Muse und die Bereitschaft einzutauchen, muss sich aber doch den Vorwurf gefallen lassen, dass durch den Umfang des Buches sich ein durchgehende Konzentration des Lesers nicht aufrechterhalten lässt. Weniger wäre mehr gewesen, daher nur drei Sterne.