Schneeballsystem und seine Folgen

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Vincent verliert mit 13 ihre Mutter und damit den Halt in ihrem Leben. Auch ihr Halbbruder Paul trudelt durchs Leben; weiß nicht, was er machen soll und verfällt immer wieder den Drogen. Mit Anfang 20 landet Vincent wieder in Caiette, einem kleinen Ort, den man nur mit Boot erreichen kann und wo sie aufwuchs. Dort arbeitet sie in einem Hotel, trifft den erfolgreichen Investor Jonathan Alkaitis, der sie ins Reich des Geldes mitnimmt und ihr ein Leben ermöglicht, dass sie sich niemals erträumt hätte. Aber alles ist auf Betrug aufgebaut und nach wenigen Jahren endet der Traum. Alkaitis wandert für den Rest seines Lebens ins Gefängnis und Vincent muss wieder von vorn anfangen, worin sie schon Übung hat.
Das ist nur ein kleiner Bereich des Romans. Es gibt noch viel mehr Personen. Menschen, die am Rand von Vincents Leben auftauchen und ihre eigenen Geschichte schildern. Investoren, die wegen Alkaitis alles verlieren, wie der Schiffsreeder Leon, die ehemalige Malerin Olivia, der Hotelangestellte Walter, aber auch Alkaitis’ Angestellte, die an dem Betrug maßgeblich beteiligt waren. Und da ist noch Pauls und Vincents Leben danach. All diese einzelnen Geschichten werden gebündelt und berichten, wie diese Menschen mit dem Verlust ihrer Existenzen umgehen, auch Jonathan Alkaitis, der Auslöser für all das Leid.
Emily St. John Mandel hat ein interessantes Buch geschrieben, das mir sehr gut gefallen hat. Zwar ist ihre Sprache nicht bildhaft, nicht verspielt, aber in dem Kontext passt das gut. Sie wirft nicht mit Metaphern um sich, sondern bleibt bei den Charakteren, beschreibt klar und präzise. Sie wechselt zwischen Szenen und Beschreibungen und führt die Lesenden über 30 Jahre hinweg durch die Leben, die schon voll genug sind und keine weiteren Ausschweifungen mehr benötigen. Selbst die Themen Finanzwelt und Schiffsfahrt macht sie interessant. Sie ist eine brillante Erzählerin, die weiß, wie sie den*die Leser*in ködert. Alles ist schlüssig. Ein absolut lesenswertes Buch.