Spannende Erzählungen der Wechselfälle eines Lebens

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violetta1961 Avatar

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Der Titel "Das Glashotel" lässt vermuten, dass es um Durchlässigkeit und Perspektivwechsel geht.
Die weibliche Hauptfigur Vincent, an deren Namen ich mich gewöhnen musste, lebt im Laufe der Jahre sehr unterschiedliche Leben. So verliert sie früh ihre Mutter, die im Meer umkommt. Sie sucht einen Ort oder eine Beziehung, wo sie sich zugehörig, heimisch fühlen kann, verstrickt sich aber dann in eine Abhängigkeit mit dem reichen Investmentbanker Alkaitis, durch den sie ein luxuriöses aber langweiliges Dasein lebt. Als die betrügerische Firma auffliegt, verlässt sie ihn. Besonders die Geschichten über die Opfer dieser Firma, die ihr gesamtes Erspartes verlieren, finde ich sehr gelungen. Exemplarisch werden Schicksale geschildert, die sich plötzlich im "Schattenland" des amerikanischen Lebens wiederfinden, keinen Wohnort mehr haben, umherziehen, Not leiden oder sich selbst das Leben nehmen. Aus der Fülle der Geschichten hat mir die Geschichte des Halbbruders Paul auch sehr gut gefallen, sowie die fließenden Möglichkeiten, dass Verstorbene erscheinen oder dass Insassen im Gefängnis sich Gegenwelten zum tristen Alltag ausdenken, in die sie flüchten können.
Das Glashotel, ein Luxushotel, in dem Vincent und Paul eine Zeitlang arbeiten, liegt schon abseits der Zivilisation am Meer. Vincent, die im letzten Abschnitt ihres Lebens als Köchin auf einen Containerschiff arbeitet, entscheidet sich, nun die meiste Zeit ihres Daseins auf dem Meer zu verbringen. Der Stil dieses Romans ist klar und unterhaltsam, leicht lesbar, seine Struktur beweglich. So mag ich die Zeitsprünge sehr und die Fragen nach der eigenen Moral, die sich am Ende der Lektüre stellt.