Dem Glück eine Chance geben!

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"Das Glück auf der letzten Seite" von Cathy Bonidan wurde in deutscher Übersetzung von Ina Kronenberger im Verlag Zsolnay, Wien (HC, geb., 269 S.) veröffentlicht: Der Roman ist für mich einer der schönsten Briefromane, die ich bisher lesen durfte und sei jedem Leser ans Herz gelegt, der jemanden kennt - oder selbst "ein Zeichen braucht", um das Leben wieder positiver zu gestalten!

Inhalt:

Der geneigte Leser/die Leserin findet hier eine ausgefallene, frische und sehr lebendige Romanidee in Briefform, in dem ein vor 30 Jahren verschollenes Manuskript (das überdies von zwei verschiedenen AutorInnen zu stammen scheint!) die Hauptrolle spielt: Anne-Lise Briard, eine Literaturagentin aus Paris, die gerade bei ihrer besten Freundin Maggy in der schönen Bretagne weilt, findet per Zufall in ihrem Hotelzimmer (genauer gesagt in der Nachttischschublade in No. 128 des Beau Rivage) ein Manuskript, das sie liest und das sie sehr berührt: Da sie nicht weiß, von wem diese zeitlosen und wundervollen Zeilen, "die ein Leben verändern können", wie wir erfahren, stammen, macht sie sich gemeinsam mit Maggy auf die Suche nach dem Autor.....

Meine Meinung:

Die beiden Freundinnen Anne-Lise und Maggy stehen bei der Suche in regem Briefaustausch mit allen, die das Manuskript besessen und gelesen haben - was jedoch trotz aller Beharrlichkeit kein leichtes Unterfangen ist. Umso vergnüglicher, berührender, menschlicher ist die Freude, all' die Briefe, die Korrespondenz zwischen den auftauchenden ProtagonistInnen William Grant, David, Nahima, Roméo, Sylvestre, Elvire und Claire zu lesen, die sehr humorvoll, aber auch mit viel Tiefgang und seitens Anne-Lises großer Beharrlichkeit geschrieben sind!

Wie ein Ariadne-Knäuel entwirrt sich nach und nach der Faden zu den Anfängen des besagten Manuskripts, dessen Seiten einer der ProtagonistInnen lediglich bis Seite 156 schrieb und alle mehr und mehr rätseln, wer den Rest "hinzukritzelte"; so dass der Roman ein Ganzes ergab. Als LeserIn dieser Korrespondenz ist es spannend und teils köstlich, sowohl Maggy als auch William und Sylvestre, ganz besonders aber Anne-Lise, die man einfach sofort (durch ihre Offenheit, Unverblümtheit, aber auch Ehrlichkeit und Neugierde sowie durch die Freude, die sie daran empfindet, anderen Menschen zu helfen, diese auch mal zu analysieren) immer besser kennenzulernen. Auch ihren jeweiligen persönlichen Hintergrund, der selten ohne Narben verläuft. So bleibt die Suche nach den/r "Urhebern" des Manuskripts durch den Briefwechsel mehr als spannend und man freut sich, wie sich einige menschenscheue Personen allmählich zu öffnen beginnen, deren Verhalten zuvor wie einer verschlossenen Auster war. Die "Recherche-Reise" geht von Paris über die Bretagne bis ins Lozére und nach Montpellier; auch machen wir einen kleinen Abstecher nach London (William Grant) und Schottland sowie nach Montréal in Kanada. Zum Schluss wohnen wir dem Fest bei, das Sylvestre im Lozère organisiert und an dem alle Menschen, die das Manuskript gelesen haben, anwesend sind.

Dieser (Brief)roman ist ein Appell:

Da es ein Leben ohne Narben (zumeist) nicht gibt, geht es darum, sich dennoch immer wieder Neuem zu öffnen, sich nicht zu verschließen oder gar zu verbittern: Wenn das Glück an die Türe klopft, sollte man es hereinbitten!

Fazit:

Eine Hommage an die Freundschaft, an das Briefe schreiben und an Bücher, die Literatur selbst, die zuweilen in der Lage ist, ein Leben zu verändern; oftmals zum Positiven! Ein grandioser, lebensbejahender und humorvoller Briefwechsel, den ich zu meinen Buchhighlights 2022 hinzufüge (zugegeben, ich liebe Briefromane sehr :-) und bedingungslos weiterempfehlen möchte: Meine Wertung ist daher die Bestnote und 5*!