Anregungen aus dem Altpapier

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herbstrose Avatar

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Die meisten Geheimnisse sind dunkel - umso schöner, wenn jemand ein glückliches Geheimnis hat, wie der 1968 in Bregenz/Vorarlberg geborene österreichische Schriftsteller Arno Geiger. Davon berichtet er uns in seiner Biografie, die etwa 25 Jahre seines Lebens umspannt. Gleich zu Anfang des Buches verrät er uns, dass er seit seinem Auszug aus dem Elternhaus einmal wöchentlich heimlich die Altpapier-Container der Stadt Wien nach Brauchbarem, Bücher, Tagebücher, Briefe und Notizen, durchsuchte – anfangs um durch den Verkauf von Büchern auf dem Flohmarkt seinen Lebensunterhalt aufzubessern, später als seelischen Ausgleich und um durch die schriftlichen Hinterlassenschaften fremder Menschen Anregungen und Ideen für seine Romane zu finden.
Der Schreibstil Arno Geigers ist angenehm und abwechslungsreich, gespickt mit ironischen Erkenntnissen und amüsanten Lebensweisheiten. Während er seine Tätigkeit der Schatzsuche beschreibt, die er wegen der Peinlichkeit inkognito mit Mütze und alter Kleidung versehen als sportliche Betätigung betrachtete, rollt sein Leben chronologisch vor uns ab. Er grübelt über seine Beziehungen zu Frauen nach, bemerkt mit Schrecken den langsamen geistigen Verfall seines Vaters und ist sich selbst über seinen weiteren Lebensweg noch nicht im klaren. Er beobachtet, sinniert, beschreibt und philosophiert – während sich sein glückliches Geheimnis als roter Faden durch das ganze Buch zieht.
Fazit: Ein sehr offenes und ehrliches Buch, mit vielen philosophischen Betrachtungen die zum Nachdenken anregen – und das Interesse auf die anderen Bücher des Autors wecken.