Die Rückseite unserer Lebensform

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emmmbeee Avatar

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„Das gesellschaftliche Leben ändert sich immer … Derlei schlägt sich natürlich auch im Abfall nieder, der eine Rückseite unserer Lebensform darstellt.“ Das erklärte Arno Geiger in einem Interview. Und dieser Abfall, resp. sein Sammeln und Verkauf finanzierte dem damals noch angehenden Autor mehrere Jahre Aufenthalt in Wien. „Der Abfall zeigt uns eher so wie wir sind und nicht, wie wir sein wollen.“ Auch das stammt aus dem Mund des Autors.
Begonnen hat Geiger mit den Papiercontainern, wo er nach Büchern suchte und weitere Schätze fand. Erst zu Fuß, dann mit dem Fahrrad zog er seine Runden durch Wien. Alle paar Monate stellte er sich mit seiner Beute auf den Flohmarkt beim Naschmarkt am linken Wienufer.
Doch nicht nur von seiner Anfangszeit als Schriftsteller handelt Geigers neuer Roman, er erzählt auch von K., einem Glücksfall von Frau, wie er sich sinngemäß ausdrückt; ebenfalls von den Altersjahren seiner Eltern und seinen ersten literarischen Erfolgen.
Doch der Abfall spielt die zentrale Rolle, gibt er doch Auskunft über das, was Menschen unter „Leben“ verstehen. Und je mehr Arno Geiger fand, umso mehr wuchs seine Erkenntnis über die Menschen, umso mehr Stoff für weitere Bücher konnte er sammeln. Und natürlich muss dieses „Lumpensammeln“ ein Geheimnis bleiben, denn eine respektable Tätigkeit ist es nicht, seine Beine aus einem Abfallcontainer ragen zu lassen.
In gewohnt süffigem Stil lässt Geiger uns an seinem Fund-Glück teilhaben. Ich kann mir genau vorstellen, welche Straßen er seine Sackkarre hochgeschoben hat, dieser Teil Wiens erhebt sich plastisch aus den Seiten.
Auch über die Schwierigkeiten von Beziehungen ließ er uns nicht im Unklaren. Doch über mehrere Seiten hinweg zog sich der Text langatmig und zäh, sodass ich begann, querzulesen. Doch das Cover scheint mir passend: legere Kleidung, nach den „Tauchgängen“ gut zu reinigen, und der Hut könnte ein Fundstück sein.