Doppelleben

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In "Das glückliche Geheimnis" schildert Arno Geiger seinen beruflichen Werdegang als Schriftsteller, wobei einer nun aufgedeckten Gewohnheit eine besondere Rolle zukam: Geiger hat über fast 25 Jahre hinweg in teils wöchentlichen Abständen in Wiener Altpapiercontainern gewühlt auf der Suche nach Verwertbarem. Galt am Anfang sein Interesse vor allem Büchern, die er auf Flohmärkten verkaufen konnte, waren es später vor allem Tagebücher und Briefkonvolute, die er insofern für seine Romane nutzte, als sie ihm viele Personen und Lebenswege vorstellten. Während die Tätigkeit für ihn zunächst eher ein Makel war, entwickelte sie sich später zu etwas Identitätsstiftendem, als der Erfolg der Veröffentlichungen und Auszeichnungen kam, wurden die Rundgänge sogar zu einer Art Ausgleich und Flucht.
Arno Geiger gelingt es, in seiner Autobiografie die beiden Leben - das des Schriftstellers und das des Müllersammlers - in einer Weise zusammenzuführen, bei der sich die Interpretation und Inspiration des Schreibens und Lesens geradezu aus dem Suchen im Altpapier ergeben. Von den Empfindungen persönlich, aber sehr reflektiert und sprachlich äußerst souverän, ist es ein absolut lesenswertes Buch eines Menschen, der gar nicht den Anspruch erhebt, vollkommen normal zu sein.