Ein Selbstporträt

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sikal Avatar

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Arno Geiger gibt uns in seinem autobiografischen Werk einen sehr persönlichen Einblick in seine Vita. Schon das Inhaltsverzeichnis lässt Spannung aufkommen – ein Geheimnis zu einem Doppelleben eines berühmten Schriftstellers. Was mag das wohl sein?

Dass dies nicht ganz so spektakulär ist, wie sich vielleicht so mancher vorstellt, versteht sich beinahe von selbst. Er dreht einfach seine Runden durch die Stadt, um an geschriebenen Schätze zu kommen. Sucht nach Tagebüchern, Briefen, Postkarten, um so in die unterschiedlichsten Leben zu tauchen. Dass sich so einige dieser Schätze auch zu Geld machen lassen, sichert ihm seinen Unterhalt, um auch seine schriftstellerische Laufbahn vorantreiben zu können ohne ganz am Hungertuch zu nagen. Hier stimme ich dem Autor zu – in ein anderes Leben eintauchen zu können, kann ziemlich spannend (aber auch anstrengend) sein. Ganz bestimmt hat auch sein Schreiben davon profitiert, sein Wortwitz, seine Sprachgewandtheit, seine Empathie und seine philosophischen Gedankengänge.
Gerne folgt man seiner Entwicklung, die ihn zu dem Schriftsteller werden lassen, der er nun mal ist.

Sehr persönliche Einblicke gibt er auch in sein Privatleben. Nicht nur seine Affären und seine Partnerschaften sind Teil dieser Geschichte. Auch von seinem demenzkranken Vater liest man hier (wie schon in „Der alte König in seinem Exil“) und dem Umgang der Familie mit dieser Erkrankung. Es ist eben alles ein Teil des Lebens und macht den Menschen aus, der man letztendlich geworden ist.

Doch nicht nur den Streifzügen durch die Stadt folgt man als Leser sondern auch vielen literarischen Sätzen, die man immer wieder gerne liest. Der Schreibstil ist immer mit der Wortgewandtheit, die man auch aus seinen Romanen gewohnt ist.

Und doch war mir der Einblick in die Persönlichkeit des Autors manches Mal zu viel. Man muss nicht alles mitteilen und man muss auch nicht alles wissen, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. 4 Sterne