Glück im Altpapiercontainer

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Ich habe von Arno Geiger " Der alte König in seinem Exil" gelesen und war von der Geschichte und besonders seinem Schreibstil sehr ergriffen. Sehr bekannt ist von ihm auch "Es geht uns gut" , für diese Buch bekam er den Deutschen Buchpreis.
In seinem neuesten Werk geht es nun um den "Background" zu diesen, aber auch allen weniger bekannten Vorgängerbüchern von ihm.
Denn natürlich gab es Anfänge beim Schreiben des jungen Autors Geiger. Dafür nimmt er jahrelang WG-Zimmer und schäbigste kleine Wohnungen in Wien in Kauf, es passt zu ihm in dieser Zeit. Er kämpft um jeden Satz in seinen Erstlingswerken, tagelang um einzelne Wörter, korrigiert, setzt neu, doch der Durchbruch kommt nicht, auch wenn sein Lektor an ihn glaubt.
Als Büchernarr beginnt er in diesen Jahren, kurz vor der Leerung im Morgengrauen, die Wiener Altpapiercontainer zu durchsuchen und findet Schätze, die er bei Händlern oder auf dem Flohmarkt verkauft. Ein genialer Fund sichert ihm so z.B. eine halbe Jahresmiete.
Vieles, was er rausfischt, beackert er aber, liest vor allem wegggeworfene alte Tagebücher ( moralisch sei das mal dahingestellt, hätte wohl eher in den Reißwolf gehört ) , er dringt in ihm unbekannte Leben ein, holt sich Inspirationen. Und er stellt fest: durch Schicksale in Briefen und Tagebüchern gewinnt er Empathie, vor allem gegenüber seiner eigenen Familie. Dadurch wird sein Stil tiefgehender, prägnanter, aus dem glücklosen Arno Geiger wird ein ernsthafter Literat.

Es ist ein Buch hinter seinen bisherigen Büchren, sicher kein Buch für die breite Masse, dazu muss man wohl auch die Liebe zu Büchern allgemein und der Sucht zu lesen verstehen. Natürlich diente es auch schlicht seinem Lebensunterhalt, doch die Leidenschaft des Sammelns und Findens bleibt für immer.
Aber das glückliche Geheimnis dieses Buches ist für mich der absolut wunderbare Schreibstil, manche Sätze habe ich mit Genuß zwei- bis dreimal gelesen.
Weniger inspirierend habe ich seinen Umgang mit Frauen empfunden ( dieser aber auch mit ihm ), das hört sich eher pubertär und egoman an, stört für mich aber nicht die Geschichte an sich.

Mit dem Cover kann ich mich nicht anfreunden, was soll dieses grelle orange-gelb ? Hat mich jedenfalls nicht beeindruckt.

Ansonsten aber absolute Leseempfehlung !