interessantes Selbstporträt eines Autors

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lechat Avatar

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Der Schriftsteller Arno Geiger beschreibt in "Das glückliche Geheimnis" den Beginn seiner schriftstellerischen Karriere bis hin zum (bisherigen) Höhepunkt seines Erfolgs. Einen besonderen Anteil daran haben - und dies ist auch der "Aufhänger" des Buches - seine mehr oder weniger regelmäßig durchgeführten Runden in Wien, immer auf der Suche nach entsorgten Büchern, Briefen, Tagebüchern o. ä. Auch die Beziehung zu seinen Eltern und Freundinnen/Geliebten werden hierbei nicht ausgespart.
Beim Lesen hatte ich zunächst etwas Mühe, mich in den Stil und Inhalt hineinzufinden. Die Sätze sind zwar klar, literarisch sehr hochklassig und dennoch nicht schwer zu verstehen, jedoch fiel es mir schwer, mich hineinzuversetzen, warum das Stöbern in Papiercontainern für Arno Geiger so ein großes Geheimnis war. Aber gut - es ist eine andere Zeit gewesen. Heute ist es kein Problem, sich durch sogenannte Wegwerfkisten in der Öffentlichkeit zu wühlen und es ist eher als positiv zu werten, wenn andere Menschen noch Freude an weggeworfenen Dingen haben. Auch das Beziehungsverhalten mit Trennungen, Affären etc. empfand ich als befremdlich.
Etwa ab der Hälfte konnte ich das Buch allerdings kaum noch aus der Hand legen. Die Abschnitte über seinen Vater oder auch die Nichte waren sehr berührend und mich hat mehr und mehr die feine Beobachtungsgabe Geigers und sein Vermögen, dies in treffende Worte zu fassen, fasziniert. Eine kurze Passage hat mir besonders gut gefallen: "Und wenn sich ein paar Gleichgesinnte gefunden haben, machen sie es sich in der Blase ihres homogenisierten Milieus häuslich. [...] .. es war Gustave Flaubert, der gesagt hat: Alle verblöden um die Wette." (S. 210).
Entgegen meines ersten Leseeindrucks hat mich das Buch positiv überrascht und zählt zu denen, die auch nach dem Beenden noch länger nachhallen.