Mit Papier Gedanken sammeln

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daggi Avatar

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Zwischen gut und schlecht gibt es eine schwer fassliche Grauzone, die mir schon mein ganzes Leben zu schaffen macht. (S. 57)
Arno Geiger beschreibt auf 237 Seiten einen Großteil seines Lebens, die guten und schlechten Zeiten, aber auch immer wieder die Grauzonen dazwischen. Mit 24 flüchtet er sich ins Sammeln und Verkaufen von weggeworfenen Büchern und bleibt 25 Jahre dabei, auch als er den Durchbruch als Schriftsteller geschafft hat.
Ihn auf diesem Weg zu begleiten, macht Spaß. Manchmal möchte man ihn aber wegen seiner Handlungsweise schütteln, besonders im Umgang mit seinen Partnerinnen. Wie im Werk "Der alte König in seinem Exil" hat auch hier die Beziehung zu Geigers Vater und seiner Heimat einen Platz. Allerdings bleiben die Lebensbegleitungen etwas blass beschrieben, die Gedanken des Autors stehen definitiv im Vordergrund.

Die aus dem Müll geretteten Briefe und Tagebücher bringen dem jungen Schriftsteller Alltag und unterschiedliche Lebensmodelle vieler Menschen nah und helfen ihm beim "Abwerfen vom sprachlichen Auftrumpfen". Der Schreibstil des Buchs ist eine gelungene Mischung aus beidem. Stellenweise liest es sich flüssig in klaren Sätzen, aber immer wieder bleibe ich hängen an bildhaften Sprachperlen, die zum Nach-und Weiterdenken anregen.

Das orange-grüne Cover war mir auf den ersten Blick zu grell, aber die strahlenden Farben passen zu einem glücklichen Geheimnis.

Das Geschriebene spricht, solange jemand zuhört. (S. 97). Ich habe bis zum Schluss gerne zugehört!