Sich Teilzeit in die Gosse werfen …

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kainundabel Avatar

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.. gibt mit Arno Geigers eigenen Worten treffend wieder, wie er sein Handeln, sein glückliches Geheimnis selbst empfindet. Als Student in heruntergekommenen Wohnverhältnissen lebend, streift er durch die Straßen Wiens und klaubt aus Papiercontainern Bücher, Fotos, Dokumente zusammen. Aus purer Neugier, aber auch aus der Not heraus geboren, schließlich sichert ihm der anschließende Verkauf doch zugleich den Lebensunterhalt. Es gehört für ihn dazu, für sein Tun eine gewisse Scham zu empfinden. In Dingen zu wühlen, die andere weggeworfen haben, entsprich nicht den Konventionen seiner Herkunft. Die Einblicke, die Geiger in sein Leben und seine Gedanken gewährt, sind von einer überraschenden, geradezu hemmungslosen Offenheit. Das macht die besondere Stärke dieses Buches aus. Den Spuren seines Doppellebens, unerwarteten Lebenswendungen, schmerzlichen, traurigen, aber auch wunderbaren Begegnungen zu folgen – darauf sollten und können sich die Leser*innen vorbehaltlos einlassen. Selbst als erfolgreichen Schriftsteller lässt ihn diese Obsession des Sammelns, des Suchens und Findens nicht los, und die Vorstellung, dass ein mehrfach ausgezeichneter und finanziell unabhängiger Autor kopfüber in einem Papiercontainer steckt, hat mehr als nur groteske Züge. Mag sein, dass es nicht Geigers bestes Buch ist, sein persönlichstes ist es allemal.