Ist das Dein Leben oder schon eine Künstliche Intelligenz?

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ismaela Avatar

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Ein bisschen bin ich von diesem Buch enttäuscht; der Klappentext hat meiner Meinung nach eine etwas andere Geschichte suggeriert.
Im neuen Roman von Richard Powers verfolgen wir die Lebens- und Entwicklungswege von vier Menschen: Rafi Young, ein junger Schwarzer, der durch seine hohe Intelligenz die Möglichkeit hatte, durch eine gute Schulbildung zu studieren und seinem "Viertel" zu entkommen; Ina Aorita, die nach einem Kunststudium und einer Beziehung mit Rafi Young wieder in ihre ozeanische Heimat zurückkehrt, um aus angeschwemmtem Müll Kunst zu erschaffen; Todd Keane, der durch ein Computerspiel zum Milliardär geworden ist und eine KI erschaffen möchte, die das gesamte Weltwissen abspeichern und sich daraus speisen kann, und, zu Guter Letzt, die Tiefseetaucherin Evelyne Beaulieu, die durch einen im wahrsten Sinne des Wortes Stoß ins kalte Wasser ihre Liebe zum Meer und den Lebewesen darin entdeckt und entfaltet hat.

Alle vier sind durch verschiedenste Lebensstränge miteinander verbunden, zwei treffen am Ende ihres Lebens mit den beiden anderen auf der kleinen Insel Makatea aufeinander und bringen ihre große gemeinsame Geschichte zu einem Ende.

Dieses Buch ist eigentlich ein eine sehr lange Erzählung, die den verschiedenen Lebenswegen der Figuren folgt und nicht wirklich ein einzelnes Ereignis zum Thema hat. Über viele Jahre verfolgt man das Erwachsenwerden, die (Schul-)Bildung, die Antriebe, die Wünsche und Träume der Protagonist:innen, und durch den Schreibstil des Autors lässt sich das Ganze flüssig lesen. Auch ist die Idee eines übermächtigen Computerhirnes sehr interessant, denn in diese Richtung geht die menschliche Gesellschaft ja jetzt schon. Wo man sich seine eigene Realität bei Bedarf so zurechtbauen kann, wie man das möchte - aber auch, wo man die Realität anderer unbemerkt verändert oder dies könnte.

Und trotzdem blieb das Buch hinter meinen Erwartungen zurück. Es lässt sich flüssig und schnell lesen, die Charaktere sind gut herausgearbeitet, und wer eine unaufgeregte Erzählung über mehrere Jahre und Personen lesen möchte, einen richtigen Schmöker, die ist hier genau richtig. Erwartet man aber nägelkauende Spannung, dann wird man doch etwas enttäuscht. Dann sollte man eher zu einem KI-Krimi greifen, bei dem es zur Sache geht.