Da hatte ich mir mehr erhofft

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Die Leseprobe hat mich wirklich neugierig gemacht. Heidi Rehn hat sich für ihr neues Buch ein interessantes Thema ausgesucht: Aufstieg und Fall der jüdischen Kaufhausbesitzer Hirschvogel, die in München zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein revolutionäres Warenhaus eröffnen, dann aber durch die tragischen Entwicklungen im Hitler-Regime alles verlieren.
Die Geschichte hat absolut Potenzial. Leider gelingt es der Autorin jedoch nicht, die Personen überzeugend zu zeichnen, so dass der Roman eher durchschnittlich bleibt. Im Mittelpunkt des Buches stehen die Frauen der Familie Hirschvogel. Thea, Lily und Edna prägen die verschiedenen Generationen dieser Familie. Sie werden als mutig und tapfer beschrieben, obwohl sich ihre Tätigkeiten eher auf das Dekorieren der Schaufenster und dem Einkauf von modischer Kleidung beschränkt. Die Herren der Familie sind eher noch blasser. Jacob, der unter dem Pantoffel von Thea steht, Lilys Bruder Benno, der sich nicht zu seiner Homosexualität bekennt, der kränkliche Sepp, Lilys Mann Franz, der jedem Weiberrock nachrennt und schließlich Ednas große Liebe Paul, der sich nicht von seinen Eltern lösen kann - keiner von ihnen ist wirklich überzeugend dargestellt. Eher auch nervig, die Freundinnen von Thea und Lily, Laetitia und Cäcilie, beides oberflächliche Damen, die nur an Konsum und ihren Vorteil denken. Der Roman bleibt aber leider auch sehr an der Oberfläche, wenn es um die dramatischen geschichtlichen Ereignisse der NS-Zeit geht, in die die Geschichte ja eingebettet ist. Die politischen Geschehnisse werden immer eher nur angedeutet und nicht wirklich gut recherchiert vermittelt. Das hat mir doch sehr gefehlt. Der Roman ist eher eine leichte Lektüre für laue Sommerabende. Für mich ist aber bei historischen Romanen eine ausgewogene Mischung von interessanter Story und geschichtlich fundiertem Hintergrund wichtig. Das Buch hat auch teilweise erhebliche Längen, während denen die Handlung nur so dahinplätschert. Ich bin also eher enttäuscht und hätte mir nach der Leseprobe auf jeden Fall mehr erwartet.