Das Haus der schönen Dinge - Glanz und Elend einer Kaufhausdynastie

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Der jüdische Kaufmann Jacob Hirschvogl hat endlich seinen Traum erfüllt. Und somit sind wir schon am Beginn der Geschichte. 1897 feiert das 1880 eröffnete Kaufhaus Hirschvogl am Rindermarkt in München nach dem Umbau seine Neuereröffnung. Besonders die Frauen der Hirschvogls, was manches Familienmitglied erst etwas später feststellen wird, werden viel zum Ruhm des Kauffhauses beitragen. So wird Lily in den goldenen Zwanzigern das Unternehmen übernehmen und in den 30er Jahren an ihre Grenzen kommen. Denn einiges hat sich für jüdische Mitbürger geändert und es wird Hetze gegen das jüdische Volk gemacht und Neid geschürt.
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Das Hirschvogl am Münchner Rindermarkt ist fiktiv. So hat es die Autorin in ihrem Nachwort vermerkt. Dafür steht es für viele Kaufhäuser dieser Zeit, die jüdische Wurzeln hatten. Als Hertie noch Hermann Tietz hieß. Und die wenigsten heutzutage wissen, dass AWAG, Kaufhof und Merkur früher jüdische Kaufmanndynastien waren. AWAG früher Wertheim, Kaufhof Leonhard Tietz und Merkur Schocken hießen. Da das Buch meistens über die Familien- und Kaufhausgeschehnisse der Familie Hirschvogl berichtet hat es einige Längen. Man kann die Längen aber auch damit begründen, dass das Buch von drei Generationen und somit über fast 100 Jahre Familiengeschichte berichtet. Am besten hat mir die Zeit zwischen 1933 und 1938 gefallen, da sich für jüdische Familien einiges ändert und viele neue Gesetze in Kraft traten. Ab 1935 waren Eheschließungen zwischen Juden und Nichtjuden verboten, da sie unter Rassenschande standen und mit Gefängnis und Zuchthaus bestraft wurden. Ich wußte nicht, wenn Juden ihr Vermögen verkauften, dass das Geld auf ein Sonderkonto eingezahlt werden mußte, zu dem sie im Ausland keinen Zugriff hatten. Außerdem wurde dem Konto gleich die Reichsfluchtsteuer in Rechnung gestellt, da erfahrungsgemäß die Juden sofort danach das Land verließen. Noch ein weiteres interessantes Gesetz trat in Kraft. Laut §3 des Blutschutzgesetztes war es Juden untersagt deutschblütige Dienstmädchen unter fünfundvierzig Jahren zu beschäftigen. Außerdem wurde jedem Juden ein großen "J" in den Pass gestempelt und ab 1938 hatte jeder Jude eine Kennkarte mit sich zu führen. Einige dieser Gesetze waren mir bekannt, einige wiederum nicht.

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Wer das Buch lesen möchte, dem möchte ich den ca. 40seitigen Prequel zu dieser Geschichte, den es gerade kostenlos als E-Book zu erwerben gibt, ans Herz legen. Er handelt davon, wie sich Jacob und Thea ihren Traum, ein großes Kaufhaus am Rindermarkt zu eröffnen, erfüllen möchten und stimmt somit auf die eigentliche Geschichte "Das Haus der schönen Dinge" ein. Im Buch ist ein Stammbuch der Familie Hirschvogl, beginnend mit Jacobs und Theas Eltern bis zu Lilys und Ednas Nachfahren abgedruckt. Außerdem kommt zwischendurch auch ein Münchner Dialekt vor, der das Buch sehr authentisch macht.

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Ich gebe dem Buch trotz der Längen fünf Sterne, das es mich prima unterhalten und mein Wissen erweitert hat. Ich weiß ja, von meinem vorherigen Buch "Sommer der Freiheit", das ich von der Autorin gelesen habe, dass alle Bücher von ihr mindestens die stolze Anzahl von 600 Seiten haben. ;-)