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bobbember Avatar

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„Das Haus der Türen“ von Twan Eng Tan ist ein Roman, der mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen hat. Besonders die erste Hälfte hat mich regelrecht gefesselt – selten habe ich einen derart feinfühligen, eleganten und gleichzeitig kraftvollen Schreibstil erlebt. Tan gelingt es auf wunderbare Weise, eine dichte, melancholische Atmosphäre zu erschaffen, die lange nachhallt.

Die Geschichte spielt im kolonialen Malaysia des Jahres 1921 und folgt Lesley Hamlyn, die auf den ersten Blick ein ruhiges, angenehmes Leben an der Seite ihres Ehemannes Robert führt. Doch mit dem Eintreffen des berühmten Schriftstellers Willie Somerset Maugham beginnt sich ihr Leben auf subtile Weise zu verändern. Lesley öffnet sich dem sensiblen, beobachtenden Autor und erzählt ihm von den verdrängten Kapiteln ihrer Vergangenheit: einer verbotenen Liebe zu einem chinesischen Mann, ihrer heimlichen Sympathie für politische Rebellen und dem Zerfall ihrer Ehe.

Was mich besonders berührt hat, war die leise Tragik, mit der Tan Lesleys Situation beschreibt – eine Frau gefangen in gesellschaftlichen Konventionen, innerlich zerrissen zwischen Pflicht und Verlangen, zwischen Vernunft und Sehnsucht. Ihre Erzählung ist durchzogen von feinen Beobachtungen, bitterer Erkenntnis und dem leisen Schmerz gelebter Kompromisse. Auch Maughams Rolle als Zuhörer und gespiegelter Leidensgenosse ist meisterhaft eingebettet.

Die Thematik des Verbergens und der Selbstverleugnung zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman. Sowohl Lesley als auch Somerset Maugham müssen sich in ihrer jeweiligen Rolle verstellen, um nicht alles zu verlieren, was ihnen noch geblieben ist. Diese Parallele fand ich besonders gelungen.

Für mich ist „Das Haus der Türen“ ein stilles, aber ungeheuer kraftvolles Buch über Erinnerung, Identität und die ungesagten Dinge zwischen Menschen. Twan Eng Tan schreibt mit Tiefe, Poesie und beeindruckender Präzision. Ein herausragender Roman – unbedingt lesenswert!