Egoisten unter sich

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ginnysbuecher Avatar

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Und ich muss sagen, dass ich von der Geschichte wirklich enttäuscht bin. Wobei, nein. Nicht von der Geschichte direkt, sondern viel mehr von den Figuren. Die Geschichte hätte wirklich toll sein können. Aber… (Und zu diesem Aber komme ich gleich.

Die Geschichte beginnt mit dem neunjährigen Tom. Er hört nachts Geräusche aus dem Elternschlafzimmer und dann Schritte, die sich erst seiner Zimmertür nähern, dann aber doch daran vorbei gehen. Trotz seiner Angst geht er zum Elternschlafzimmer, wo er seine sterbende Mutter vorfindet.

Und genau aus diesem Plot hätte man gut was machen können. Aus Toms Trauer, seinem Schock, der ihn dazu veranlasst, nicht mehr zu sprechen. Man hätte mehr auf die Gedanken und Gefühle des Jungen eingehen können. Denn er macht sich Vorwürfe, dass er zuerst zu große Angst hatte, sein Zimmer zu verlassen und der Mutter zu helfen. Dass sein Vater der Mörder ist und dann auch noch Suizid begeht, macht die Sache nicht besser.

Das war es aber schon mit dem Positiven und wir kommen zu meinem Aber:

Die ganze Zeit wird nur von selektivem Mutismus gesprochen, weil Tom nicht mehr spricht. Aber, keiner macht sich die Mühe herauszufinden, dass er noch sprechen kann, es aber nicht will.
Tom an sich bleibt sehr blass, es kommen viel zu wenig Kapitel aus seiner Sicht, die uns sein Innenleben näher bringen.
Die komplette restliche Familie, als da wären Sonya mit ihrem Mann Alex, Rose mit ihrem Teenagersohn Nick und Will, die Geschwister der ermordeten Mona, ist viel zu sehr mit sich selber beschäftigt, als sich um das traumatisierte Kind zu kümmern.
Der sympathischste von dem ganzen Egoistenhaufen ist echt noch Nick und der führt sich überwiegend teenagermäßig wie ein Ekel auf. Sonya sieht seine Weigerung zu sprechen und die diversen anderen Ticks, die er entwickelt als persönliches Versagen und freut sich sogar, dass er auch bei Rose diese nicht ablegt. Alex… Nö, das wäre wohl ein zu großer Spoiler. Rose ist mit Job, Kind und Haushalt schon überfordert und lässt Tom daher eher so nebenher laufen. Will ist ein Spieler, nicht unbedingt süchtig, aber dennoch und seine Reaktion auf das Ausräumen des Hauses der verstorbenen Schwester ist, dass er spontan nach Korea zu fliegen. Und der Sozialarbeiter Ray setzt dem ganzen noch die Krone auf. Er sieht die Zustände in Roses Haus, merkt dass sie überfordert ist, lässt Tom aber dennoch da. Und keinem von denen fällt auf, dass Tom zu SVV neigt, was der aufmerksame Leser relativ zügig bemerkt!

Insgesamt also: Gutes Thema, schlechte Umsetzung und Figuren die mich so aufgeregt haben, dass ich beinahe ein Magengeschwür bekommen hätte.