Das Leben ist zu kurz für schlechte Gummistiefel

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kleine hexe Avatar

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Für alte Menschen ist der Schritt aus dem eigenen Haus, wo sie ein selbstbestimmtes Leben geführt haben, in das betreute Wohnen oder in eine Seniorenresidenz ein großer, meistens irreversibler Schritt. Und für die Kinder ist es genauso zehrend: sie verlieren nun ihr Elternhaus, übernehmen die Verantwortung für das Wohlergehen der Eltern, die Kindheit gibt es nur noch in einem Fotoalbum. Dieses Buch zeigt dass der Übergang auch sanft, allmählich sein kann. Für die 87 jährige Mutter aber auch für die beiden Töchter. Sie alle haben nun Zeit ein Jahr lang, jedes Kapitel ihrer Kindheit noch einmal aufzuschlagen, es in Ruhe noch einmal durchzugehen und dann abzuschließen. Ja, die LP spricht wohl jeden von uns an. Es geht ja nicht nur um das Übersiedeln der Mutter in eine altersgerechte Wohnung näher bei den Kindern sondern auch um das Auflösen des Haushalts in dem man selber aufgewachsen ist, mit all den Möbeln, Geschirr, Gerätschaften, Textilien, Nippes, Büchern, und vor allem Erinnerungen die mit diesem Haushalt verbunden sind. Das Buch erklärt auch, warum in so vielen Wohnstuben der älteren Generation die massive Schrankwand in Eiche Rustikal steht, die Licht und Platz verschlingt, warum soziale Kaufhäuser und sonstige karitative Einrichtungen vor lauter Kristallgläser und –vasen überquellen, weshalb in so vielen kirchlichen Gemeindehäuser so viel buntes und wertvolles Geschirr für den erbaulichen Kaffeenachmittag zur Verfügung stehen.
Das Buch kommt nicht als Sachbuch rüber, eher als Roman oder als Memoiren einer deutschen Familie. Sehr feinfühlig und feinsinnig geschrieben, deckt es nur Möglichkeiten auf, wie man den Eltern bei diesem (letzten) Abschnitt ihres Lebens helfen kann, wie man selber loslässt und die Kindheit endgültig hinter sich lässt und den eigenen Kindern dereinst das Entrümpeln erleichtert. Im ganzen Buch kommt kein erhobener Zeigefinger vor, es wird weder moralisiert noch diktiert, ganz im Gegenteil. Wir sollen auf unser eigenes Bauchgefühl hören, aussortieren, Hilfe annehmen wo es nur geht und möglich ist. Denn bei solch einem Umzug sind nicht nur die Eltern betroffen sondern auch wir, die den Eltern helfen, ihnen beistehen und mit ihnen leiden. Am Schluss des Buches folgt noch ein sehr wertvolles ABC des Aufräumens, lauter wirklich wertvolle Vorschläge wie das Haushaltauflösen leichter und effizienter gelingen kann.
Das Buch kommt sehr schön und ansprechend daher, ein Umzugskarton voller Erinnerungen auf dem Schutzumschlag, ein Karton wie wir alle ihn packen würden.