Nachvollziehbar

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schmabbi54 Avatar

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Ich bin seit 3 1/2 Jahren im Ruhestand und merke auch, dass es nicht mehr so einfach ist, ein großes Haus mit Garten in Schuss zu halten. Auch wenn ich altersmäßig weder zur Mutter noch zu den Töchtern passe, habe ich so ziemlich alles, was mich und mein Umfeld betrifft, wiedererkannt.

Ich habe zu Rentenbeginn angefangen, mein Haus, das während meiner jahrzehntelangen Berufstätigkeit stiefmütterlich behandelt wurde, auf- und auszuräumen. Im Buch brauchte die Familie ein Jahr, bei mir dauert es erheblich länger. Meine Kinder waren mehrmals da, um gemeinsam mit mir auszuräumen, aber die Aktionen endeten jedesmal im Streit, weil ich nichts loslassen konnte. Im Grunde habe ich alles gemacht, was die Autorin auch gemacht hat. Die absolut überflüssigen und nicht mehr verwertbaren Gegenstände stellte ich zum Sperrmüll raus. Mehrere hundert Gegenstände verkaufte ich bei Ebay. Verschenkt habe ich nichts, ich hätte nicht gewusst, an wen. Meine Kinder wollten absolut nichts behalten. Keine Puppen oder andere Spielsachen. Sie haben nicht sehr große Wohnungen und praktizieren den Minimalismus.

Der Dachboden war proppenvoll und als erstes leer. Mit dem Keller bin ich noch nicht fertig. Zuviel Nippes und Dekos. Eigentlich könnte alles weg, aber so weit bin ich noch nicht. Ich habe Fotoalben für die Kinder zusammengestellt, die sie auch annahmen, aber Tausende von Fotos weggeworfen. Die Schmalfilme habe ich und die Videos 2000 und VHS Kassetten. Alles Erinnerungen an meine eigene Kindheit und meiner Familie. Auch die werde ich wohl wegwerfen müssen.

Meine Tochter sagt immer, ich soll mir vorstellen, was ich alles in eine kleinere Wohnung mitnehmen kann, der Rest muss weg. Ich kann der Mutter der Autorin alles nachempfinden. Beide Kinder sagten mir auch, wenn mir plötzlich etwas passieren würde, würden sie eine Ausräumfirma beauftragen. Daher ist es schon gut, dass ich von diesen vielen tausend Dingen, die man im Laufe von 50 Jahren angesammelt hat, in Ruhe Abschied nehmen kann.

Ich kenne viele Leute in meinem Alter, die sich darum keine Gedanken machen. Die glatt sagen, dass ihnen nach ihrem Tod egal ist, was mit den Sachen geschieht. Darum sollen sich die Kinder kümmern. Für die wäre das Buch sehr lesenswert, damit sie auch erfahren, was man den Kindern antut. Ich kann auch nur jedem raten, seine Wohnung oder Haus einmal im Jahr auf- und auszuräumen. Für Leute, die sich bisher keine Gedanken gemacht haben, enthält das Buch sehr viele und gute Tipps. Natürlich ist alles mit sehr viel Arbeit verbunden.

Das einzige, was ich mir nicht vorstellen kann, ist, dass die Mutter im Buch in ihrem hohen Alter noch so viele ehrenamtliche Dinge wie Hausaufgabenhilfe u.v.m. durchführen kann. Eine Freundin von mir, die 70 Jahre alt ist, hat ein Jahr lang erwachsenen Flüchtlingen Deutschunterricht erteilt. Sie sagt, so anstrengend war früher ihr Berufsleben nicht. Ich habe den Eindruck, dass die Autorin zum Schluss des Buches, bei dem man zwischendurch immer wieder sehr traurige Momente durchlebt, noch ein bisschen "Happy End" vermitteln wollte. Vielleicht, weil sie sich das für ihre Mutter so wünschte. Aber ich kann mich auch irren.