Ein Buch, dass zum Nachdenken anregt...

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tammy1982 Avatar

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Für mich war das hier das erste Buch von Jodi Picoult und ich bin sehr misstrauisch an das Buch herangegangen, da ich hier auch schon öfters die Rezi's zu anderen Büchern von ihr gelesen habe und mich von Anfang an darauf eingestellt habe, dass das Buch wohl eher eine herbe Enttäuschung wird. Dem war dann aber nicht so.

June verliert bei einem Autounfall ihren Mann. In dem Polizisten Kurt findet sie eine neue große Liebe und auch ihre Tochter Elizabeth scheint wieder glücklich zu sein. Alles läuft prima, bis Shay Bourne auftaucht. Ein Mann, den man am liebsten gar nicht ins Haus lassen würde, aber er wird der Handwerker der Familie und kurze Zeit danach werden Kurt und Elizabeth tod aufgefunden. Erschossen durch Shay, der anscheinend gerade dabei war, die Kleine zu vergewaltigen. Das Urteil der Jury ist relativ schnell gefällt und Shay wird zum Tode verurteilt.

11 Jahre später, wartet June's 2. Tochter, die kurz nach dem Mord auf die Welt kam verzweifelt auf ein neues Herz und Shay will ihr sein Herz spenden.

Das ganze Buch wird aus der Sicht der verschiedenen Personen erzählt, der einzige, der nie zu Wort kommt ist Shay. Von Anfang an, schien mir der Fall zu klar: Ein heruntergekommener Vorbestrafter nutzt die Gutmütigkeit der Familie aus, vergeht sich an der Tochter und tötet den Vater, da der ihn überrascht hat. Sollte das wirklich schon alles sein? Bald wurde mir klar, dass Shay einfach zu gut in das Täter-Schema passt und aufgrund einiger seiner Aussagen, hatte ich bald einen Verdacht, der sich schließlich auch bestätigt.

Zu Wort kommen einmal June, die in ein tiefes Loch gefallen ist und nur wegen ihrer 2. Tochter überhaupt noch lebt, nur wird die Wahrscheinlichkeit immer geringer, dass ihre Tochter noch ein weiteres Jahr überlebt. Zum anderen ist da Michael, der in der Jury saß, die Shay verurteilt hat und nicht damit fertig geworden ist. Er wird der Seelsorger von Shay, nur wer hier wem Trost spendet, bleibt die Frage. Dann gibt es da die Anwältin Maggie. Eine komplexierte Frau, die zu viel wiegt, ein Problem mit ihrer fitness-besessenen Mutter hat, aber für Gerechtigkeit und Menschenrechte kämpft. Und dann haben wir noch den Sträfling Lucius: V. a. durch seine Augen erleben wir Shay's Zeit in der Zelle und erfahren von "Wundern", die Shay angeblich vollbringen soll.
Die einzelnen Charaktere haben alle ihre eigenen Schwächen und Probleme, mit denen sie umgehen müssen, dies fand ich sehr gut dargestellt und irgendwie konnte man sich sogar in den Mörder Lucius hinein denken. Ganz klar gibt es kein schwar und weiß in diesem Buch und genau diese Grautöne finden sich auch in den Charakterbeschreibungen der Figuren wieder.

Bis knapp zur Hälfte des Buches dachte ich auch, dass es mir mit diesen "Wundern" ein bisschen zu viel des Guten wird und ich nicht so ganz verstehen sollte, wo das ganze hinführen soll. Jedoch werden diese "Wunder" gegen Ende ziemlich logisch und überhaupt gar nicht übersinnlich erklärt und das ganze Buch erhält eine ganze andere Wendung.

Jodi Picoult hat in diesem Buch gleich mehrer Themen aufgegriffen: Zum einen klar das Thema Religion, aber auch nicht nur einseitig beleuchtet, sondern ruhig mit Zweifeln gesät und einige Fragen aufgeworfen. Zum anderen das Thema Todesstrafe und natürlich die Frage, ob man Mord mit Mord vergelten kann bzw. soll und ob man sich immer sicher sein kann, dass wirklich der Richtige für eine Tat hingerichtet wird.

So klar, wie sich das Buch am Anfang präsentiert, ist es nicht und es gibt trotzdem kein richtiges Happy End bzw. nicht die Gerechtigkeit, die man sich als Leser vielleicht im Laufe des Buches wünschen würde.

Sehr beeindruckt hat mich auch das Nachwort der Autorin, in dem sie detailliert ihre Recherchen beschreibt und für die religiösen Ausflüge mit einigen Quellen aufwartet.

Mich hat das Buch sehr nachdenklich zurück gelassen und ich werde mich jetzt dann vielleicht doch auch noch an die anderen Bücher der Autorin wagen!