Bavaria und das Jahr des Rehs

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bavaria123 Avatar

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Das Jahr des Rehs
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Die Geschichte
Nach fast 20 Jahren Funkstille bekommt die Architektin Sabine Born eine Email ihrer einst besten Freundin der freien Journalistin Bella Becker. Sofort ist die alte Verbundenheit wieder am Aufflackern und so entsteht die alte Freundschaft neu.
Sabine kann von ihrem Mann und den beiden Kindern berichten, mit denen sie im hessischen Engbach lebt.
Und die in Berlin lebende Bella von ihrem Sohn und ihrem meist abwesenden Partner.
Die erste Mail wird am 15. September 2012 geschrieben. Die letzte, die man mitlesen darf, im August.
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Mein Eindruck
Ehrlich gesagt, wäre ich wohl in einem Buchladen oder in einer Bücherei glatt an diesem Werk vorbei gelaufen. Das Cover ist arg unscheinbar und hat eher wenig Bezug zu der Geschichte und dem Titel. Aber nun hatte ich es ja zum Vorablesen bekommen - wenn auch durch den Poststreik recht spät.

Die Idee, ein Buch in Form von Mails oder Briefen, die hin und her geschickt werden, zu verfassen ist nicht neu. Aber hier handelt es sich doch um ein Schreibexperiment. Stephanie Jana ist die Autorin der Sabine Born, Ursula Kollritsch übernimmt die Figur der Bella Becker. Und es sollte ein Experiment von zwei Frauen, einem Jahr und 1000 Gedanken werden. Dabei wurde improvisiert, denn die eine Autorin wusste bis zum Lesen der Mail nicht, wie die andere handeln würde. Das stelle ich mir erstmal für die beiden Autorinnen sehr spannend vor und man merkt im Buch ihnen schon den Spaß an, den diese Schreibidee bei ihnen verursacht hat. Der Schreibstil der beiden ist sehr ähnlich, so dass sich das Buch gut und flüssig lesen lässt.

Die Charaktere der beiden Frauen sind gut dargestellt worden,so dass man sie beim Schreiben und Lesen der Mails gut vorstellen kann. Die eher unscheinbare Sabine, die sich in ihrem Ehe- und Familienleben versteckt und die lebendige Bella, die aber auch auf der Suche nach etwas Neuem ist.

Die Geschichte an sich ist durchaus realistisch. Ich selbst habe es zweimal ganz ähnlich erlebt und so habe ich mich in manchen Sätzen dann auch wieder gefunden. Beeindruckt haben mich dann manche eingefügten Zitate, die dann gut in die jeweiligen Situationen gepasst haben. So auch von Albert Einstein."Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert." Da waren einige ansprechende Denkanstösse dabei.
Nicht so arg gefallen hat mir die leichte Midlifecrisis der beiden Protagonistinnen. Immer mal wieder wurde darauf hingewiesen, dass sie ja "schon" um die 40 sind. Auch die Szenerie um den jungen Russen, der eine gewisse Rolle spielt, fand ich nicht ganz so gelungen.

Der Titel erklärt sich dann auch...schon im Umschlagtext wird auf ein überdimensionales Lichter-Reh hingewiesen.

Alles in allem kann ich das Buch, das von Frauen für Frauen geschrieben worden ist, für einen leichten sommerlichen Lesegenuß empfehlen.Es bleibt einem nicht lange im Kopf, schenkt aber kurzweiliges Vergnügen...wie ein leichter Prosecco. Man kann lachen und traurig sein und auch ein wenig über das Leben nachdenken. Aufgrund der angesprochenen Dinge ziehe ich allerdings einen Stern ab.